Wenn die Zone nicht zonenkonform ist
18.07.2025 RegionDas Oberfreiamt gilt als attraktiver Standort für Wohnraum, wie auch für Unternehmen. Doch einige ältere Firmen befinden sich nicht in einer Gewerbezone. Das verunmöglicht praktisch eine Firmen-Entwicklung. Der Regionalplanungsverband Oberes Freiamt (Repla) sucht ...
Das Oberfreiamt gilt als attraktiver Standort für Wohnraum, wie auch für Unternehmen. Doch einige ältere Firmen befinden sich nicht in einer Gewerbezone. Das verunmöglicht praktisch eine Firmen-Entwicklung. Der Regionalplanungsverband Oberes Freiamt (Repla) sucht deshalb Lösungen.
RAHEL HEGGLIN
Am 3. März 2013 hat die Schweizer Stimmbevölkerung dem revidierten Raumplanungsgesetz mit knapp 63 Prozent zugestimmt. Das Ziel der Vorlage war und ist, schonend mit Bauland umzugehen und die Zersiedelung einzudämmen. Demnach sollten die Kantone ihren Bedarf an Bauzonen für 15 Jahre ausrichten und zu gross eingezonte Bauzonen reduzieren. Man will keine Zersiedelung der Flächen oder einen Landverschleiss. Gegen die Vorlage hatte damals nebst der SVP und der FDP, auch der Schweizerische Gewerbeverband das Referendum ergriffen. Deshalb kam die Vorlage schlussendlich vors Volk. Dass der Gewerbeverband mit seiner Gegenwehr nicht ganz falsch lag, zeigt sich nun gut zwölf Jahre später, auch im Oberfreiamt.
Problem erkannt
Firmen, welche sich bereits in den 70er Jahren oder früher hier niedergelassen und gewirtschaftet haben, befinden sich plötzlich in «falschen» Zonen. Das bedeutet, sie können ihr Gewerbe weder verändern noch vergrössern.
Dass diese Verunmöglichung einer Weiterentwicklung der Unternehmen problematisch ist, ist auch der Repla bewusst. Sie hat deshalb das Projekt «Regionales Arbeitszonenmanagement» ins Leben gerufen, welches Optionen schaffen soll, Raum für unternehmerische Entwicklungen bereitzustellen. In das Projekt sind auch die Abteilung Raumentwicklung des Kantons Aargau sowie das Planungsbüro KIP aus Wohlen involviert. Im Rahmen der Grund lagenerarbeitung wurde bei den Gemeinden eine Befragung durchgeführt hinsichtlich der Kenntnis von Betrieben mit Entwicklungswünschen sowie bereits aufgetretenen zonenrechtlichen Schwierigkeiten. Auf Anfrage will man diese Liste nicht herausgeben, da sie eine interne Arbeitsgrundlage sei. Auch die Unternehmen selbst wissen teilweise nicht, dass sie erfasst sind. Der Repla-Präsident Pius Wiss verrät nur so viel: «Es sind im gesamten Repla-Gebiet ungefähr eine Handvoll Unternehmen. Diese befinden sich in Zonen, welche ihrer heutigen Nutzung nicht mehr entsprechen.»
Drei-Phasen-Modell
Das Projekt «Regionales Arbeitszonenmanagement» befindet sich noch ziemlich am Anfang. «Es ist in drei Komponente unterteilt. Aktuell sind wir in der Grundlagenphase», so Wiss. Der zweite Schritt wird die Vertiefungsphase sein. In dieser will man mit den betroffenen Firmen das Gespräch suchen, um ihren Bedarf abzuklären. «Das Ziel bleibt aber, innerhalb des gesetzlichen Rahmens Optionen zu erarbeiten. Etwa durch innerbetriebliche Optimierungen», erklärt Adrian Duss vom KIP. Wichtig ist den Akteuren, dass kein Sammelsurium individueller Sonderlösungen geschaffen wird. Es soll ein übergeordnetes, regionales Gesamtkonzept ausgefeilt werden, welches langfristig tragfähig ist. Sobald die Vertiefungsphase abgeschlossen ist, soll die Umsetzungsphase als dritte Komponente starten.
Beinwil schafft Rahmenbedingungen
Firmen sind bekanntermassen bedeutende Akteure in einer Gemeinde. Sie schaffen Arbeitsplätze und sind wichtige Steuerzahler. Zudem helfen sie mit, anderes Gewerbe im Dorf zu beleben, wie Einkaufsläden oder Restaurants. Ein schönes Beispiel zeigt sich in Beinwil. Die Küng Haustechnik Beinwil GmbH kann ein neues Firmengebäude auf dem bestehenden Gelände bauen. Dies ist nur möglich, weil der Souverän an der Gemeindeversammlung im Juni 2023 der Teiländerung Nutzungsplanung Gewerbezone Unterdorf zugestimmt hatte. Dass sowohl Kanton wie Gemeinde dieser Teiländerung zustimmen konnten, hat damit zu tun, dass eine bestehende Gewerbezone flächenneutral so umgelagert werden konnte (Abtausch Landwirtschaftsland), dass eine optimale Projektumsetzung möglich war. «Die Gemeinde hat das Vorhaben von Beginn weg unterstützt, weil die Firma der grösste Arbeitgeber im Dorf ist und viele Dienstleistungen im Bereich Haushalttechnik im Dorf erbracht werden. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Kanton ist bei Zonenplanänderungen aber unabdingbar. Es ist in jedem Fall ein aufwendiges und zeitraubendes Verfahren für alle involvierten Parteien. Wir freuen uns, dass mit der Erteilung der Baubewilligung der Weg für eine erfolgreiche Umsetzung der Firmenerweiterung geebnet ist», erklärt Gemeindeammann Stefan Zemp. Der Geschäftsführer Kilian Küng ist froh, kann er weiterhin in Beinwil wirtschaften. In seinem Betrieb arbeiten rund zwei Drittel Einheimische, davon auch Auszubildende.
Schwierigere Situation
Dass es nicht immer so einfach geht, zeigt sich an der Villiger Landtechnik AG in Sins. Der Landtechnikbetrieb zog 2015 als Mieter in bestehende Räumlichkeiten im Tönihof ein. Für die Inhaber ein idealer Standort: «Wir reparieren Landwirtschaftsmaschinen. Hier haben wir viel Platz und stören niemanden. Zudem sind wir sehr gut erreichbar. Sogar mit dem ÖV, eine Bushaltestelle befindet sich vor dem Firmenstandort», erklären Gottfried und Urs Villiger. Was ideal tönt, macht aber die Zone zunichte. Denn der Firmenstandort befindet sich in der Spezialzone Tönihof. Die Spezialzone Tönihof dient der Erhaltung, Erneuerung und massvollen Erweiterung des dort bestehenden Mineralöltransportbetriebs. Villigers müssten für ihre Tätigkeit in einer Gewerbezone sein. Eine Änderung des Zonenzwecks sei nicht möglich, wie die Gemeinde 2023 schriftlich mitteilte. Im Schreiben heisst es etwa: «Der Landtechnikbetrieb ist mit angemessenen Übergangsfristen an einen geeigneten Standort in eine Bauzone zu verlegen. Am bestehenden Standort kann keine lang - fristige Zukunftsperspektive in Aussicht gestellt werden.» Selbst wenn die Gemeinde gewillt wäre, eine Zonenzweckänderung durchzuführen, kann sie dies nicht alleine. «Nutzungsplanänderungen laufen immer über den Kanton», erklärt die Leiterin Bau und Planung, Uschi Ulrich. Aber auch der kantonale Kreisplaner, Benno Freiermuth sieht keine Möglichkeit, zu helfen: «Vieles, was heute dasteht, war schon da, bevor das Raumplanungsgesetz überhaupt entstanden ist. Nun ist es schwierig, an diesen Standorten neue Zonen zu definieren.» Für die Villiger-Brüder bedeutet dies, dass sie einen neuen Standort finden müssen.
Welche Lösungen das Projekt «Regionales Arbeitszonenmanagement» künftig präsentiert, gilt abzuwarten. Ziel bleibt es, die wirtschaftliche Entwicklung der Region zu sichern, Betriebe zu halten und gezielte Lösungen anzubieten. Aber das alles, ohne gegen das geltende Recht zu verstossen.