Wenn alle am gleichen Strick ziehen
28.06.2024 SinsSeilziehsport vom Feinsten. Am vergangenen Sonntag traf sich die Schweizer Elite im Rahmen der Meisterschaftsserie im Oberfreiamt. Tags zuvor stand der Spass im Vordergrund – am Plauschturnier ging es um Ruhm und Ehre.
EVELYNE HEEB
Seil auf! Spannen! Bereit? ...
Seilziehsport vom Feinsten. Am vergangenen Sonntag traf sich die Schweizer Elite im Rahmen der Meisterschaftsserie im Oberfreiamt. Tags zuvor stand der Spass im Vordergrund – am Plauschturnier ging es um Ruhm und Ehre.
EVELYNE HEEB
Seil auf! Spannen! Bereit? Pull! So manch einer infizierte sich am Wochenende mit dem Seilziehvirus und liess sich von der Randsportart in ihren Bann ziehen. Es mutete fast schon archaisch an, wie sich die Muskeln der Athletinnen und Athleten mit dem Seil in ihren Händen um die Wette spannten und sie die mit Stahlkanten präparierten Schuhe in den Boden rammten. «Push, hösch, hööööösch!» – die getakteten Kampfschreie waren weitum zu hören.
Faszination Seilziehen
Dass rohe Kraft aber noch lange keine Siege garantiert, entging dem aufmerksamen Publikum nicht. Technik, Ausdauer, Teamgeist und vor allem Taktik sind weitere Puzzlesteine, die den Erfolg ausmachen. «Mich fasziniert das Zusammenspiel all dieser Faktoren. Will man gewinnen, muss das Team zu hundert Prozent harmonieren. Wir spüren einander über das Seil», fasste Emanuel Zumbühl, Präsident des Seilziehclubs Sins, seine Begeisterung für den Sport in wenigen Worten zusammen. Und genau diese Begeisterung schwappte bereits am Samstagabend auf die Bevölkerung über. 17 Teams hatten sich zum traditionellen Plauschturnier angemeldet.
Traditionelles Plauschturnier
Feuchtfröhlich – so liess sich der Start ins Seilziehwochenende ziemlich treffend umschreiben. Feucht im wahrsten Sinne des Wortes, obwohl der Dauerregen pünktlich zu Turnierbeginn nachliess. Da der Turnierplatz stellenweise unter Wasser stand, musste auf die Wiese nebenan ausgewichen werden. Es war ein Schauspiel, den Teams bei ihren Versuchen zuzusehen, auf dem glitschigen Untergrund Halt zu finden. Dass sich das grüne Gras bald in braunen Schlamm verwandelte, erschwerte das Unterfangen zusätzlich. Davon liess sich aber niemand die gute Laune verderben. Im Gegenteil. In originellen Tenues feierte man gelungene Züge umso ausgelassener. Bei so viel Spass verkamen die Resultate beinahe zur Nebensache. Bei den Herren entschied «Meys Lieblingsteam» aus Stans-Oberdorf den Final gegen die Chlausgesellschaft Reussegg für sich, und in der Kategorie Mixed wiederholte der einheimische Kavallerieverein den Vorjahressieg. Dass sich die anschliessenden Feierlichkeiten in der Bar und im Festzelt bis in die frühen Morgenstunden hinzogen, überraschte niemanden.
Vom Wägen am Wettkampftag
Seriöser ging es am Sonntag zur Sache. Früh morgens stand bereits das Wägen, die Standardprozedur vor jedem Turnier, auf dem Programm. Die Kategorie gibt vor, wie schwer alle acht Athleten zusammen maximal wiegen dürfen. Zumbühl erläuterte: «Unser Coach teilt jedem einzelnen Anfang Woche mit, welches Gewicht er am Wettkampftag auf die Waage bringen darf. Da müssen jeweils schon einige Kilos purzeln und es geht oftmals mit knurrendem Magen ins Bett.» Nebst dem Anpassen der Ernährung haben sich auch die vorabendlichen Saunagänge etabliert: «So bringt man relativ schnell ein, zwei Kilos runter», ergänzte er.
Schülerturnier zum Auftakt
Bevor die Elite um halb elf ins Geschehen eingriff, gehörte der Wettkampfplatz den Schülerinnen und Schülern im Alter zwischen 6 und 14 Jahren. Unter dem Motto «Früh übt sich, wer ein Meister werden will», kämpften 15 Mannschaften um den Sieg. Maximal 300 Kilogramm durften die Teams wiegen, ganz gleich auf wie viele Kinder verteilt. Angefeuert vom grossen Begleittross versuchten sie mit vereinten Kräften, den Gegner vier Meter auf ihre Seite zu ziehen. Sieg hin- oder her, der achtjährige Kilian war begeistert: «Ich bin im nächsten Jahr sicher wieder mit dabei.» Sagte er, hüpfte in die nächste Pfütze und watete mit dreckverschmierten Kleidern weiter.
Zwei zweite Plätze
«Unser Ziel ist der Tagessieg.» Marc Villiger, Coach der Herren der Kategorie 580 kg, gab die Marschrichtung vor. Im gleichen Atemzug relativierte er allerdings: «Nachdem wir in den letzten beiden Jahren so ziemlich alles gewonnen haben, was es im Seilziehsport zu gewinnen gibt, haben wir den Trainingsaufwand auf diese Saison hin etwas reduziert. Zudem sind wir personell nicht mehr so breit aufgestellt.» Das macht sich in der laufenden Saison bemerkbar, und die Sinser Weltmeister liegen hinter Stans-Oberdorf aktuell «nur» auf dem 2. Platz der Jahreswertung. Und eben diese Nidwaldner vermasselten den Lokalmatadoren auch den Triumph am Heimturnier. Trotz lautstarker Unterstützung mussten sie sich in einem spannenden Finale geschlagen geben. Das gleiche Schicksal ereilte die Frauen der Kategorie 520 kg. Diese trauerten dem verpassten Tagessieg allerdings nicht lange nach und freuten sich über den dritten Podestplatz in Serie.
Und doch noch ein Sieg!
Auch die Junioren U19 präsentierten sich auf der grossen Seilziehbühne. Mit einem jungen Team angetreten, erzogen sich die Nachwuchssportler Rang 6 und sammelten viele wertvolle Erfahrungen.
Dass es doch noch für einen vielumjubelten Heimsieg reichte, dafür sorgte das Mixed-Team der Kategorie 580 kg. Während zweier Stunden agierten sie souverän, reihten Erfolg an Erfolg und bauten mit diesem Triumph gleichzeitig ihre Führung in der Jahreswertung aus. Ein wahrlich krönender Abschluss eines gelungenen Seilziehfestes.