Umfrage: Soll es «Ammann» oder «Präsident» heissen?
14.03.2025 Region«Regierungspräsidium» statt «Landammann», «Gemeindepräsidium» statt Herr oder Frau «Gemeindeammann», und aus dem Einwohnerrat soll das Gemeindeparlament werden. Das will die Regierung des Kantons Aargau.
IRIS CAGLIONI
...«Regierungspräsidium» statt «Landammann», «Gemeindepräsidium» statt Herr oder Frau «Gemeindeammann», und aus dem Einwohnerrat soll das Gemeindeparlament werden. Das will die Regierung des Kantons Aargau.
IRIS CAGLIONI
Die Regierung des Kantons Aargau will die Kantonsverfassung entsprechend anpassen, mit der Begründung, es gebe einen Wunsch nach Modernisierung. Zudem sei die Bezeichnung «Landammann» für viele Menschen unklar. Hintergrund für die Anpassung ist ein Vorstoss von mehreren Kantonsparlamentarierinnen. Gemeinden und Parteien können bis im Juni nun Stellung zu dem Vorschlag nehmen.
Doch wie steht es wirklich um das Verständnis des Begriffs «Landammann»? Wir haben im Oberfreiamt eine nicht repräsentative Umfrage durchgeführt. Befragt wurden in der Region wohnhafte oder berufstätige Frauen und Männer im Alter zwischen 16 und 83 Jahren. Vier von ihnen dürfen wir persönlich vorstellen.
Insgesamt wurden 21 Personen befragt. Die teils ähnlichen Äusserungen zeigen eine klare Tendenz.
Die Kantonsebene ist weit weg
Der Begriff «Landammann» ist wenigen Befragten glasklar. Viele wussten, dass es sich um jemanden im Regierungsgefüge handelt. Zum Teil gingen die Befragten davon aus, dass es sich um jemanden auf der Gemeindeebene handelt und mehr als einmal wurde die Gegenfrage gestellt, ob es der Gemeindeschreiber sei.
Die Klärung ergab, dass sehr viele Befragte die Bezeichnung «Regierungspräsidium» besser hätten zuordnen können und diese Bezeichnungsart auch bevorzugen würden.
«Die Kantonsregierung ist zu weit weg.» Mit dieser Begründung erklärten viele Befragte, warum ihnen der Begriff Landammann nicht geläufig ist.
Nebst dem Aargau wird noch in weiteren neun Kantonsregierungen der Vorsitzende Landammann genannt: nämlich in Uri, Schwyz, Nid- und Obwalden, Zug, Glarus, beiden Appenzell sowie in Solothurn. Somit steht hier der Aargau nicht alleine da.
Auf der Gemeindeebene sieht es aber ein wenig anders aus. Seit 2014 ist der Aargau der einzige Schweizer Kanton, der den Begriff Gemeindeammann noch kennt. Es ist den einzelnen Amtsträgern beziehungsweise den Gemeinden überlassen, welchen Titel sie wählen wollen.
Für die Befragten im Oberfreiamt war der Begriff «Gemeindeammann» meist geläufig und klar. Tendenziell waren es die jüngeren Personen, die einer Änderung positiv oder gleichgültig gegenüberstehen würden. Oft wurde gesagt, dass es egal sei, wie der Titel dieser Person ist. Die Aufgaben seien ja die gleichen. So meinte eine Mühlauerin: «Es kommt darauf an, was die Person leistet, nicht wie sie bezeichnet wird.» Die älteren befragten Personen hingegen fanden, dass der Gemeindeammann bei uns einfach dazugehöre und der Begriff auf keinen Fall geändert werden sollte.
Argumente für einen Titelwechsel auf Gemeindeebene
Hier einige Aussagen der befragten Oberfreiämter:
– Wenn man von einem Präsidenten spricht, tönt das gewichtiger, als wenn von einem Ammann die Rede ist.
– Vielleicht hat das etwas mit den Generationen zu tun. Die jungen Leute kennen den alten Ausdruck nicht mehr.
– Beim Begriff Ammann kommt mir als Sinserin immer die Ammannsmatt in den Sinn. Aber nicht eine Person.
– Vielleicht könnte man das endlich gesamtschweizerisch gleich halten.
– Warum braucht der Aargau eine Extrawurst?
– Wissen junge Leute noch, was ein Gemeindeammann ist? Ich bezweifle das.
Argumente gegen einen Titelwechsel auf Gemeindeebene
– Es hat viel mit Tradition zu tun, darum heisst es auch heute noch Ammann. Ich finde, man sollte das so belassen, denn es hat sich so bewährt.
– Auf Kantonsebene wäre die Änderung in Ordnung für mich, aber auf der Gemeindeebene muss der unbedingt bleiben.
– Wir hier im Aargau sagen das halt so.
– Es ist doch gut so, wie es ist. Warum sollte man Gutes ändern?
– «Gemeindepräsident» tönt komisch, das gefällt mir nicht.
Soll dieses Thema zurzeit in der Regierung behandelt werden?
Rund die Hälfte der Befragten stellte indirekt und ohne lange zu überlegen die Gegenfrage: «Haben die nichts Besseres zu tun?» Doch wurden auch tiefgründigere Antworten gegeben. Eine junge Frau meinte: «Im ersten Moment wollte ich sagen, diese Diskussion ist sinnlos. Doch es gibt viele Themen, bei denen ich die Wichtigkeit nicht erkenne. Darum, beim zweiten Gedanken muss ich einräumen, dass ich nicht beurteilen kann, ob diese Debatte zurzeit Sinn macht oder nicht.»
Ein Mann mittleren Alters äusserte sich so: «Ich bin sicher, es gäbe Wichtigeres zu tun. Doch auch solche Themen, die uns unwichtig erscheinen, müssen ja mal aufgearbeitet werden.»
Lisbeth Wilmes, 64, Oberrüti
Wissen Sie, was ein Landammann ist?
Der ist der Höchste im Regierungsrat. In seiner Funktion vertritt er den Regierungsrat nach aussen.
Fänden Sie es besser, wenn der Titel «Regierungsratspräsident» wäre?
Auch im Kanton Zug ist es noch der Landammann – das soll doch so bleiben wie es ist. So hat jede Region ihr Spezielles.
Als Folge wäre es auf Gemeindeebene gleich – wie fänden Sie «Gemeindepräsident» statt «Gemeindeammann»?
Nein, man sollte es so belassen, wie es ist. Das ist gut so. Wir im Aargau haben Gemeindeammänner.
Finden Sie es gut, dass sich heute die Regierung mit diesem Thema beschäftigt?
Ich finde das gar nicht gut, denn wir haben ganz andere Probleme, für die Zeit investiert werden könnte. Und warum muss alles geändert werden?
Regula Triponez, 53, Sins
Wissen Sie, was ein Landammann ist?
Ich kann das nicht wirklich sagen. Das gibt’s doch im Appenzell?
Fänden Sie es besser, wenn der Titel «Regierungsratspräsident» wäre?
Ja, ich könnte den Begriff besser zuordnen. Denn ich hab es so gelernt.
Als Folge wäre es auf Gemeindeebene gleich – wie fänden Sie «Gemeindepräsident» statt «Gemeindeammann»?
Der Gemeindeamman ist für mich der Gemeindepräsident, doch wenn ich im Dorf von ihm spreche, dann bezeichne ich ihn natürlich auch als Gemeindeammann.
Finden Sie es gut, dass sich heute die Regierung mit diesem Thema beschäftigt?
Ich als gebürtige St. Gallerin bin da natürlich flexibel. Warum nicht?
Margrith Engel, 61, Abtwil
Wissen Sie, was ein Landammann ist?
Ja, das ist der höchste Aargauer.
Fänden Sie es besser, wenn der Titel «Regierungsratspräsident» wäre?
Mir ist klar, wer mit dem Landammann gemeint ist. So heisst es halt im Kanton Aargau.
Als Folge wäre es auf Gemeindeebene gleich – wie fänden Sie «Gemeindepräsident» statt «Gemeindeammann»?
Man dürfte es in der Schweiz schon überall gleich nennen. So wüssten alle, von wem man spricht.
Finden Sie es gut, dass sich heute die Regierung mit diesem Thema beschäftigt?
Ja, so könnte man es mit den Gesamterneuerungswahlen im Herbst gleich umsetzen.
Peter Rizzi, 64, Waltenschwil
Wissen Sie, was ein Landammann ist?
Den Begriff habe ich schon gehört, aber so schnell kann ich nicht sagen, was der macht.
Fänden Sie es besser, wenn der Titel «Regierungsratspräsident» wäre?
Das wäre klarer. Das wäre einfacher und einheitlich mit anderen Kantonen.
Als Folge wäre es auf Gemeindeebene gleich – wie fänden Sie «Gemeindepräsident» statt «Gemeindeammann»?
Ich finde, dass der Ausdruck «Amme» veraltet ist und ersetzt werden sollte. Wenn man vom Präsident spricht, ist es geläufiger.
Finden Sie es gut, dass sich heute die Regierung mit diesem Thema beschäftigt?
Ich glaube, die hätten andere Themen, die wichtiger wären. Die Aargauer Bevölkerung sollte das entscheiden mit einer Abstimmung.