Stromnetze entlasten, Vergütungen steigern
31.10.2025 RegionDie vielen Photovoltaikanlagen bringen das Verteilnetz an einigen Orten an seine Kapazitätsgrenze. Die regionalen Elektro-Genossenschaften haben sich zusammengeschlossen und an einer Informationsveranstaltung Lösungen präsentiert.
RAHEL HEGGLIN
...Die vielen Photovoltaikanlagen bringen das Verteilnetz an einigen Orten an seine Kapazitätsgrenze. Die regionalen Elektro-Genossenschaften haben sich zusammengeschlossen und an einer Informationsveranstaltung Lösungen präsentiert.
RAHEL HEGGLIN
Über 220 Personen durfte der Elektra-Sins-Präsident, Albert Amstutz, vergangene Woche im Küngsmattsaal begrüssen. Er erklärte, dass sich die Elektra Abtwil, Aettenschwil, Auw, Merenschwand, Mühlau und Sins zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben, um die Stromeinspeisung in der Region zu optimieren. «Dabei richten wir uns nach dem NOVA-Prinzip. Wir wollen die Netze optimieren, bevor wir sie ausbauen.» Um einige Beispiele aus der Praxis zu zeigen, übergab er das Wort an seine Elektra-Kollegen.
Die Stromnetze sind an der Kapazitätsgrenze
Der Betriebsleiter der Elektra Auw, Michael Bütler, erklärte, dass sich in den Regionen Bööl, Untere Bergstrasse und Tschoupis/Steigstrasse bereits jetzt deutliche Kapazitätsengpässe im Stromnetz zeigen. «Zwölf Anlagen konnten aktuell nur ohne Rückspeisung bewilligt werden. Früher wurden nahezu alle Anlagen uneingeschränkt ans Netz angeschlossen. Doch durch den starken Zubau der vergangenen Jahre stösst das Netz an seine Grenzen», so der Betriebsleiter. Auch in anderen Gebieten zeigen sich diese Herausforderungen. In Aettenschwil, erklärte der Präsident der zuständigen Elektra, Karl Rüttimann, befinden sich rund 60 Prozent aller PV-Anlagen hinter zwei Trafostationen. «Besonders in den Sommermonaten, wenn der Stromverbrauch tief und die PV-Produktion hoch ist, erreichen diese Trafos ihre Leistungsgrenzen.» Er zeigte auf, dass eine Trafostation im Juni ihre volle Auslastung von hundert Prozent erreichte und dies, obwohl sie erst fünf Jahre zuvor erneuert und mit zusätzlichen Reserven versehen worden war. Auch in Aettenschwil warten deshalb drei Haushalte auf die Einspeisefreigabe. Um das Problem in den Griff zu bekommen, hat die Arbeitsgemeinschaft die Einspeisebedingungen optimiert, welche zu attraktiven Vergütungssätzen umgesetzt werden können. Diese Präsentation übernahm der PV-Experte Lars Huber.
Netzbetreiber limitieren Einspeisung
Nach der persönlichen Vorstellung seiner Person informierte er, dass er die technischen Hintergründe so erklären wolle, dass die Anwesenden mit einem guten Gefühl nach Hause gehen und die Vor teile der Einspeiseoptimierung nachvollziehen können. «Mit dem Modell FlexPV verfolgen wir das Ziel, Netzkosten zu sparen und gleichzeitig möglichst viel PV-Strom über bestehende Leitungen einzuspeisen.» Ein zentrales Thema dabei sei die Netzspannung: Je weiter man vom Trafo entfernt ist, desto niedriger die Spannung. Überschreiten Anlagen die zulässige Spannung, reduzieren Wechselrichter automatisch die Leistung. «Hier greift FlexPV ein, um die Spannung im Netz konstant zu halten. Wenn wir die Einspeisung auf 60 Prozent drosseln, geht nur ein minimaler Teil der Energie verloren», so Huber. Diese Drosselung würde es aber ermöglichen, deutlich mehr Anlagen am Stromnetz anzuschliessen. «Und das Beste: Alle PV-Produzenten bekommen mehr Geld für ihren Strom. Es ist also eine Win-Win-Situation.»
Drosselung der Einspeisung = mehrere Produzenten
Ohne FlexPV müssten Netze aufwendig saniert werden. Dies wäre mit hohen Kosten und Baustellen verbunden. Mit dem FlexPV-Modell wird die Einspeisung so optimiert, dass jeder Betreiber nach wie vor genug Strom für den Eigenverbrauch hat und dennoch weiter einspeisen kann. Wie hoch die Vergütung dafür ist, kann jeder auf der Website www.flexpv.chselbstausrechnen.
Das weitere Vorgehen
Nach seinen Ausführungen zeigte Amstutz auf, wie es nun weitergeht. «In Bereichen, wo aktuell die Netze kritisch ausgelastet sind, kommen Vertreter der Elektras auf die Betreiber zu. Die Berater zeigen auf, welches Flex-PV-Modell am geeignetsten ist und wie die Einspeiselimitierung umgesetzt werden kann.» Zum Schluss zeigte er auf den Folien nochmals, dass der Energieverlust durch FlexPV minimal sei, die Vergütungen aber grösser. «Bei einer Limitierung von 60 Prozent Einspeisung reduziert sich die Jahresenergie um null bis zwei Prozent. Die Vergütung steigt aber um rund sieben Prozent. Bei fünfzig Prozent Einspeisung reduziert sich die jährliche Einspeisung um rund drei Prozent, die Vergütung wächst aber um etwa 15 Prozent.» Mit diesen minimalen Abstrichen bei der Stromeinspeisung wäre es den Elektras aber möglich, viel mehr Anlagen ans Netz zu bringen. Damit könnte insgesamt mehr Solarstrom produziert werden, was wiederum ein wichtiger Beitrag zur Energiewende sei.
Interessierte Fragen
Bei der Fragerunde zeigte sich, dass auch die Kosten für die Anpassungen gering sind. «Es braucht nur einen Wechselrichter. Wer eine Anlage seit den Jahren nach 2020 in Betrieb hat, hat meistens bereits einen Eigenverbrauchszähler. Somit muss der Installateur nur den Wechselrichter auf den richtigen Wert einstellen.» Auch die dynamischen Energiepreise wurden angesprochen. Hier erläuterte Amstutz, dass aktuell zwischen Sommer- und Winterpreisen unterschieden wird, mittelfristig aber flexiblere Preismodelle möglich seien. Und auch die Frage, warum man im Oberfreiamt nicht nur eine Elektra anbiete, konnte zufriedenstellend von Rüttimann beantwortet werden: «Unsere kleinen Elektras erlauben es, persönlich Kontakt mit den Betroffenen aufzunehmen und flexibel auf Situationen einzugehen.»
Nach diesen Ausführungen luden die Verantwortlichen zum Apéro.

