Streift ein Wolf in unserer Gegend herum?
23.12.2022 Merenschwand, InformationenAm Donnerstag vergangener Woche fand ein Schäfer ein nahezu komplett aufgefressenes Schaf in seiner Herde in Merenschwand. Während sich die hiesigen Schäfer fast einig sind, dass ein Wolf für diesen Angriff verantwortlich ist, hält sich die Jagd- und ...
Am Donnerstag vergangener Woche fand ein Schäfer ein nahezu komplett aufgefressenes Schaf in seiner Herde in Merenschwand. Während sich die hiesigen Schäfer fast einig sind, dass ein Wolf für diesen Angriff verantwortlich ist, hält sich die Jagd- und Fischereibehörde zurück.
RAHEL HEGGLIN
Es geschah in den Morgenstunden des 15. Dezembers. Ein Tier springt über den stabilen Zaun, jagt die aus 560 Schafen bestehende Herde hin und her und reisst schlussendlich eines, das Ende September auf die Welt kam. «Dass sich dieses Szenario so abgespielt hat, zeigt die zertrampelte Wiese», sagt ein Schäfer aus der Region. «Die betroffene Weide sieht aus wie ein Acker, das zeugt davon, dass die Schafe gehetzt wurden.» Gemäss dem Schäfer wurde das Tier aktiv gefressen. «Es weist keine Kratzspuren auf und es gibt keine Anzeichen für einen Kampf. Ein Fuchs beispielsweise, der zerrt einzelne Stücke aus dem Kadaver heraus. Für mich sieht das nach Wolf aus, der richtig Hunger hatte.» Rund zehn Kilogramm Fleisch wurden gefressen, mitsamt Knochen, Haut und Wolle. Diese Menge ist ebenfalls ein Indiz für den Wolf. «Kein Fuchs, Dachs oder Vogel frisst so viel Fleisch!»
Polizei wartet DNA-Auswertung ab
Der betroffene Schäfer alarmierte sofort. Eine Patrouille der Kantonspolizei wie auch Spezialisten der Jagd- und Fischereibehörde des Kantons Aargau rückten an. Der Fall ist bei beiden Behörden hängig, da die DNA-Auswertung abgewartet wird. «Sollte ein Hund das Nutztier gerissen haben, werden wir aktiv. Dann würden wir gegen Unbekannt rapportieren», so der Pressesprecher der Kantonspolizei Aargau. Wurde das Schaf aber von einem Wildtier getötet, dann geht der Fall an die Fachstelle Umwelt und Tierdelikte bei der Jagdverwaltung weiter.
Reto Fischer, Fachspezialist Jagd beim Kanton Aargau bestätigt den Fall ebenfalls. «Das vorgefundene Rissbild lässt nicht eindeutig auf einen Wolfsangriff schliessen. Das Tier war so stark verfressen, dass wir nicht mehr genau beurteilen können, wie das Tier gestorben ist. Es könnte auch sein, dass es auf natürliche Weise umkam.» Diese These kann sich ein Schäfer aus der Region nicht vorstellen. «Das betroffene Tier kam Ende September zur Welt und war kerngesund. Zudem wurde der Kadaver gefressen und die Herde gejagt.» Er hätte sich von der Behörde gewünscht, dass sie alle Schäfer in der Region per SMS informieren würden. Die Behörde wartet jedoch die Ergebnisse der DNA ab. «Das kann aufgrund der Festtage Neujahr werden, bis wir diese haben. Sollte sich herausstellen, dass es ein Wolf war, werden wir informieren», so Fischer.
Herdenschutzhunde gaben in Auw an
Für Marcel Frei, Schäfer aus Auw, der falsche Weg. Er hatte im März 25 Schafe durch einen Wolf in Bonstetten verloren. Seither schützt er seine Tiere mit Herdenschutzhunden. «In der Nacht auf den 8. Dezember, also eine Woche vor dem Vorfall im Merenschwand, bekam ich um Mitternacht diverse Anrufe von Anwohnern in Auw, dass meine Hunde einen Riesenkrach machen. Ich solle schauen, dass diese aufhören zu bellen», erzählt er. Was genau seine Hunde in dieser Nacht aufgeschreckt hatte, kann er nicht eindeutig sagen. Dass es nun aber ein paar Kilometer weiter zu einem Riss kommt, macht ihn stutzig: «Meine Hunde sind darauf trainiert, die Schafe gegen Wölfe zu verteidigen. Sie würden nie bei einem Fuchs derart toben!» Ihm ist wichtig, dass die Bevölkerung informiert wird, dass möglicherweise ein Wolf in der Gegend ist. «Nur so kann sie ein Verständnis aufbringen, wenn meine Hunde angeben. «Wenn nie von einem Wolf gesprochen wird, dann gibt es ihn in unserer Gegend einfach nicht und das Verständnis gegenüber meinen Hunden ist gleich Null.» Für ihn wäre auch wichtig, dass die Schäfer gewarnt werden. «Was ist, wenn es wieder einen Riss gibt?»
Weide ist nahe am Wohngebiet
Für den Schäfer aus der Region ist aber auch anzunehmen, dass bei der DNA-Auswertung Spuren von einem Fuchs hervorkommen. «Und dann wird nicht informiert, weil ein Fuchs dran war. Dass dieser aber erst kam, als der Wolf weg war, wäre ja auch möglich.» Aus seiner Sicht sollte der Vorfall in Merenschwand auf jeden Fall kommuniziert werden, damit die Bevölkerung um den möglichen Wolf in der Gegend weiss. «Die betroffene Weide war auch nur ein paar Meter von den Wohnhäusern und rund 600 Meter von der Schule entfernt. Und die Indizien sprechen eine klare Sprache: Kein anderes Tier als der Wolf würde Haut und Wolle fressen.»