Sternsinger unterwegs von Haus zu Haus
13.01.2023 SinsIn den vergangenen Tagen klingelte es an so mancher Tür. Strahlende Kinder in Königskostümen überbrachten die Weihnachtsbotschaft, segneten die Häuser und baten um eine Gabe für Menschen in Not.
EVELYNE HEEB
Es ist kurz vor sechs Uhr am ...
In den vergangenen Tagen klingelte es an so mancher Tür. Strahlende Kinder in Königskostümen überbrachten die Weihnachtsbotschaft, segneten die Häuser und baten um eine Gabe für Menschen in Not.
EVELYNE HEEB
Es ist kurz vor sechs Uhr am Donnerstagabend vergangener Woche. «Das isch de Stärn vo Bethlehem, mached euch uf ond folged däm.» Zum wiederholten Mal summen Anouk und Leila die Liedzeile vor sich hin und nähern sich gespannt dem regen Treiben vor dem Pfrundhaus. Wie so viele ihrer Gspänli sind sie das erste Mal mit dabei bei der Sternsinger-Aktion und die Aufregung ist ihnen anzumerken. Sitzt das auswendig gelernte Versli? Schnell gehts zur Kleideranprobe, das vertreibt die zweifelnden Gedanken. Mit einer Engelsgeduld verwandelt Beatrice Steinger, Sternsinger-Verantwortliche in Sins, die 22 Primarschulkinder in bunte Königinnen und Könige. Welche Krone passt zum Gewand? Wie bindet sich die farbige Kordel? Alle helfen einander, die Rollen werden verteilt. Eine ansteckende Mischung aus Nervosität und Vorfreude liegt in der Luft. Muss es ihren Vorfahren vor über 1000 Jahren wohl ähnlich ergangen sein?
Brauch mit langer Tradition
Die Ursprünge des Sternsingens vermutet man in den Dreikönigsspielen aus dem 11. Jahrhundert. Darin soll die Reise der biblischen Sterndeuter-Könige aus dem Morgenland nach Bethlehem zur Krippe Jesu dargestellt worden sein. Urkundlich nachweisbar ist der Brauch in Mitteleuropa ab dem 16. Jahrhundert. Die Sternsinger zogen als Caspar, Melchior und Balthasar verkleidet um die Häuser und baten um Gaben.
Eine Neubelebung erfuhr das Brauchtum nach dem Zweiten Weltkrieg. Seither werden Kinder von den Pfarreien ausgesandt, um als die heiligen drei Könige, begleitet von einem Sternträger, den Segen in die Häuser zu bringen und Spenden für bedürftige Menschen in Armutsregionen dieser Welt zu sammeln.
Mit Begeisterung Gutes tun
«Ich freue mich am meisten aufs Singen», erzählt Laura während des geduldigen Wartens. Olivia fügt hinzu: «Und ich bin gespannt, wie viele Türen sich öffnen werden.» Dann, endlich, gehts los und die Könige schwärmen in alle Himmelsrichtungen aus. In Viereroder Fünfergruppen, begleitet von Leiterinnen und Leitern der Pfadi und Jungwacht, verschwinden sie in der Dunkelheit. Bei der ersten Haustür angekommen, ist die Anspannung greifbar. Wer klingelt? Wie werden die Hausbewohnenden reagieren? «Es braucht schon Mut, sich vor eine fremde Türe zu stellen und nicht zu wissen, was einem erwartet», so Steinger. «Dass der Besuch der Sternsinger nicht überall erwünscht ist, auf diese Situation bereiten wir die Kinder während einer Probe vor. Einige Türen bleiben trotz Licht im Haus verschlossen.»
Doch glücklicherweise nicht die Allererste. Noch etwas leise und zögerlich überbringen die vier Sternsinger ihre Botschaft und tragen mit zarten Stimmen ihr Lied vor. Die Erleichterung ist ihnen anzusehen, als der Mut mit anerkennenden Worten und einer grosszügigen Spende belohnt wird. Nach dem Anbringen des Segens am Türrahmen zieht die muntere Schar erleichtert und voller Tatendrang weiter.
Segensbitte 20*C+M+B+23
Vereinzelt wird nach der Bedeutung der Segensbitte gefragt, die mit Kreide oder einem Aufkleber am Türrahmen angebracht wird. Die Buchstaben stehen für die lateinischen Worte «Christus mansionem benedicat», Christus segne dieses Haus. Teilweise werden sie auch als Initialen der drei Könige interpretiert. Der Stern symbolisiert den Stern von Bethlehem, die drei Kreuze den dreifaltigen Gott. Dazu die aufgeteilte Jahreszahl.
Gemeinsamer Ausklang
Nach zwei Stunden kehren die Gruppen strahlend ins Pfrundhaus zurück, wo zum Abschluss des Abends ein kleines Nachtessen wartet. Für den achtjährigen Maurice verging die Zeit viel zu schnell. «Zum Glück darf ich morgen gleich nochmals losziehen», so seine erste Reaktion. Auch seine Gspänli sind noch ganz aufgewühlt und erzählen einander wild gestikulierend von ihren Erlebnissen. Michelle und Kilian berichten begeistert von den vielen positiven Reaktionen. «Die Leute waren so nett. Und ab und zu haben wir sogar noch etwas Süsses bekommen.» Als Steinger den engagierten Kindern verrät, dass sie an den drei Abenden fast 3000 Franken gesammelt haben, brandet Jubel auf. Mit dieser grosszügigen Spende werden Projekte der Sinser Missionarin in Ecuador, Schwester Clotilde, unterstützt. Kein Wunder sind sich am Ende des Tages alle Beteiligten einig: «Sternsingen macht mega Spass, wir sind im nächsten Jahr wieder mit dabei!»