Schliessung der Geburtenabteilung ist definitiv
18.07.2025 RegionAm 4. März reichten alle Mitte-Grossräte der Bezirke Muri und Bremgarten einen Vorstoss ein, wobei die Beinwiler Grossrätin Franziska Stenico-Goldschmid die Sprecherin war. Die Interpellanten wollten vom Regierungsrat offene Fragen zur Schliessung der Geburtenabteilung im ...
Am 4. März reichten alle Mitte-Grossräte der Bezirke Muri und Bremgarten einen Vorstoss ein, wobei die Beinwiler Grossrätin Franziska Stenico-Goldschmid die Sprecherin war. Die Interpellanten wollten vom Regierungsrat offene Fragen zur Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri geklärt haben. Nun liegen die Antworten vor.
RAHEL HEGGLIN
Auf die Frage, ob der Regierungsrat von der geplanten Schliessung Kenntnisse hatte, heisst es, dass der Gesundheitsdirektor und der Leiter der Abteilung «Gesundheit» des Departements «Gesundheit und Soziales» einige Tage vor der Öffentlichkeit informiert wurden. Weiter schreibt der Regierungsrat, dass sich seiner Einschätzung nach genügend inner- und ausserkantonale Spitäler mit Geburtenabteilung in der näheren Umgebung befinden, auf die ausgewichen werden könne. Die Grundversorgung für Gebärende sei mit der Schliessung der Geburtenabteilung der Stiftung Spital Muri nicht gefährdet. Zudem könnten rein rechnerisch die beiden Kantonsspitäler den Wegfall der Geburtenabteilung in Muri kompensieren. Weiter würden auch andere Spitäler über eine Geburtenabteilung verfügen und auch diese hätten aufgrund der rückläufigen Geburtenzahlen freie Kapazität.
Weitere Geburtenabteilungen in Gefahr
Die Interpellanten wollten zudem wissen, ob denn die Geburtenabteilungen an den Kantonsspitälern Aarau und Baden rentabel seien. Der Regierungsrat antwortet, dass er nicht über die Angaben zu den Erlösen, welche die Spitäler in den jeweiligen Leistungsgruppen erwirtschaftet haben, verfüge. Deshalb könne die Rentabilität nicht berechnet werden. Er teilt aber die Befürchtung der Interpellanten, dass künftig weitere Spitäler im Kanton Aargau oder in Nachbarkantonen Geburtsabteilungen aufgrund nicht kostendeckender Angebote schliessen. Im März 2024 habe bereits die Swiss Medical Network SA, Privatklinik Villa im Park in Rothrist angedeutet, dass das Fortbestehen ihrer Geburtenabteilung gefährdet sei. Grund sei die Schwierigkeit, ausreichend Hebammen für den Betrieb zu rekrutieren.
Neue Versorgungsformen erwünscht
Da dem Regierungsrat bewusst ist, dass sich die finanzielle Lage schweizweit bei den Spitälern verschlechtert hat, hat er die Vergütung der Gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL) erhöht. Damit sollen die Spitäler im Kanton Aargau versorgungsnotwendige Leistungen, die nicht über Tarife abgerechnet werden können, kostendeckend anbieten können. Darunter fallen unter anderem die Sanitätsnotrufzentrale, tagesklinische Leistungen oder die Praxisassistenzen zur Förderung der Hausarztmedizin.
Der Regierungsrat unterstreicht auch, dass die Schweiz im europäischen Vergleich über eine sehr hohe Spitaldichte verfügt. Im Rahmen der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung (GGpl) 2030 des Kantons, sollen deshalb neue Versorgungsformen gefördert werden.
Kein erhöhtes Risiko
Der Regierungsrat verweist bei seiner Antwort, ob ein längerer Anfahrtsweg zu einem Spital ein Risiko für Mutter und Kind bedeutet, auf den gesetzlichen Auftrag der Verordnung über die Krankenversicherung. Damit stellt der Regierungsrat die Vergabe von Leistungsaufträgen auf der kantonalen Spitalliste sicher, damit der Versorgungsbedarf der Kantonsbewohnerinnen und -bewohner gewährleistet ist. Zudem teilt er die Meinung nicht, dass längere Anfahrtswege zu anderen Spitälern zwingend ein erhöhtes Risiko für Mutter und Kind bedeuten. In Notfällen sei durch die Einrichtung der Ambulanzfahrzeuge gewährleistet, dass ein möglichst sicherer Transport der Gebärenden ins nächste Spital gewährleistet ist. Je nach Bedarf können auch Hebammen und/oder Anästhesisten mitfahren.
Keine weiteren Prüfungen vorgesehen
In der Stiftungsurkunde und im Handelsregister des Spitals Muri ist geschrieben, dass das Spital als Akutspital die Grundversorgung für die Region und auch Patienten aus anderen Regionen sichert. Ob eine Geburtenabteilung zur Grundversorgung gehört, bejaht der Regierungsrat in seiner Antwort nicht. Er schreibt: «Eine schweizweit verbindliche Definition, welche stationären Angebote zur Grundversorgung gehören, existiert nicht. Es würde dem föderalistischen Gedanken der Schweiz zuwiderlaufen, eine einheitliche Definition für die ganze Schweiz zu definieren. Bereits heute bestehen viele Grundversorger-Spitäler ohne geburtshilfliche Leistungsaufträge. Dies ist nicht nur im Kanton Aargau der Fall, sondern auch in anderen Kantonen der Schweiz. Es liegt nicht in der fachlichen Kompetenz des Regierungsrats zu beurteilen, ob die Stiftung Spital Muri gegen ihre Stiftungsurkunde verstossen hat. Das fiele in die Zuständigkeit der Stiftungsaufsicht des Kantons Aargau.» Für die Interpellantin Franziska Stenico-Goldschmid sind die Antworten nicht zufriedenstellend. «Der Kanton Aargau ist ein Kanton der Regionen. Die Grundversorgungsregionen sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesundheitsversorgung und der Kanton hat die Pflicht die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Für uns gehört eine Geburtenabteilung in die Region, wenn kein umliegendes Spital innerhalb von 30 Minuten erreichbar ist. Zudem wurde die Stiftungsaufsicht gebeten zu prüfen, ob das Spital Muri gegen die Stiftungsurkunde verstossen habe. Die Antwort der Stiftungsaufsicht war, es stehe ihnen in dieser Angelegenheit keinerlei Kompetenzen zu. Wir fragen uns wirklich, wer ist für was innerhalb des Kantons zuständig?»
Regierungsrat hat nichts gegen Schliessung
Der Regierungsrat erklärte abschliessend, dass er nicht prüfen werde, wie die Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri die langfristige Gesundheitsstrategie der Region Muri beeinflussen wird.
Zudem heisst es in einer Mitteilung, dass der Regierungsrat dem Gesuch der Stiftung Spital Muri zugestimmt hat. Die Stiftung Spital Muri hatte am 27. März beim Regierungsrat beantragt, ab dem 1. Januar 2026 keine Grundversorgungsleistungen in den Bereichen «Geburtshilfe» und «Neonatologie» mehr erbringen zu müssen. Laut Mitteilung des Kantons bleibt die medizinische Versorgung in diesen Bereichen weiterhin gewährleistet. Am 11. Juli wurde die entsprechende Anpassung der Spitalliste im Amtsblatt veröffentlicht. Dagegen kann innert 30 Tagen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.