Neue Regeln für das Recycling-Paradies
20.12.2024 Region, MuriAb kommendem Jahr wird das Recycling-Paradies Muri nicht mehr für alle zugänglich sein. Neu wird der Zugang nur noch Personen gewährt, deren Wohngemeinde mit den Betreibern einen Vertrag abgeschlossen hat.
RAHEL HEGGLIN
Seit fünf Jahren wird ...
Ab kommendem Jahr wird das Recycling-Paradies Muri nicht mehr für alle zugänglich sein. Neu wird der Zugang nur noch Personen gewährt, deren Wohngemeinde mit den Betreibern einen Vertrag abgeschlossen hat.
RAHEL HEGGLIN
Seit fünf Jahren wird die Sammelstelle in Muri betrieben. Da viele abgegebene Fraktionen, wie beispielsweise Tetrapack, Kork oder Kerzenwachs, nur mit Zuzahlung dem Recycling zugeführt werden können, mussten die Betreiber über die Bücher. «Wir sind mit den Verantwortlichen in Muri zusammengesessen. Diese haben uns versichert, dass das Angebot der Sammelstelle bei der Bevölkerung sehr geschätzt wird. Die Gemeinde Muri war aber nicht mehr bereit, die Kosten dafür allein zu tragen», sagte Karin Bertschi, Geschäftsführerin der Recycling-Paradies AG. Deshalb wurden die umliegenden Gemeinden angeschrieben, ob sie sich mit einem Sockelbetrag an der Sammelstelle beteiligen möchten. Als Gegenzug würden die Einwohnenden dieser Gemeinden einen Batch erhalten, mit dem sie Zutritt zur Sammelstelle bekommen. Bis dato haben sich – nebst Muri – sechs Gemeinden bereit erklärt, einen Vertrag mit dem Recycling-Paradies abzuschliessen. Aus dem Oberfreiamt ist es nur die Gemeinde Beinwil.
Beinwil orientiert sich nach Muri
Der Gemeindeammann Stefan Zemp gibt an, dass man die lokalen Entsorgungsmöglichkeiten während der vergangenen Jahre reduziert habe, da die Nähe zu Muri mit dem umfangreichen Entsorgungsangebot besteht. Dies auch aus Kostengründen: «Die Entsorgung insbesondere von Sonderstoffen wie beispielsweise Öl, Kunststoff oder Alteisen lässt sich für kleine Gemeinden nur schwer organisieren und ist entsprechend kostenaufwendig», so Zemp. Die Bevölkerung kann ab sofort einen Zutritts-Batch für das Recycling-Paradies bei der Gemeindeverwaltung beantragen.
Für südliche Gemeinden uninteressant
Dass sich Oberrüti und Dietwil nicht am Recycling-Paradies beteiligen, liegt auf der Hand. Dietwil orientiert sich bei der Entsorgung nach Luzern, Oberrüti hat eine eigene Lösung für die gängigen Fraktionen. «Die Entsorgung von grösseren Sachen ist eine private, individuelle Angelegenheit», erklärt der Gemeindeschreiber Patrick Troxler. Sollte jemals eine regionale Lösung für Oberrüti zur Debatte stehen, würden sie sich eher Richtung Sins orientieren, wie Troxler weiter erklärt. Aktuell besteht in Sins mit der Sammelstelle Giessenmatt ein umfassendes Recycling-Angebot. Dieses ist eigentlich den Sinser Bürgern vorbehalten. «Eine Kontrolle findet aber nicht statt. Wir gehen davon aus, dass einzelne unserer Bürger auch auf anderen Recyclingparks entsorgen und so auch ein Miteinander möglich sein sollte, ohne gleich Polizist spielen zu müssen. Wir setzen jedoch voraus, dass jede Gemeinde eine Lösung organisiert», so der Gemeinderat Jakob Sidler.
Sins hat somit auch keinen Bedarf, sich dem Recycling-Paradies anzuschliessen. «Wir würden damit nur unseren eigenen Deckungsbeitrag senken, was zu unnötigen Mehrkosten führen würde», sagt Sidler weiter.
Sins hat eigene Lösung
Dass das Recycling-Paradies in Muri weitere öffentliche Mittel für die Betreibung seiner Sammelstelle braucht, ist für Sidler verständlich. Denn auch in Sins könne die Sammelstelle mit ihrem Angebot nicht kostendeckend betrieben werden. «Wir werden aber an unserem Recyclingpark festhalten. Er bietet eine gute Dienstleistung für die lokale Bevölkerung und kann nachhaltig betrieben werden, da er in kurzer Distanz erreicht wird. Aus diesem Grund würden wir das Angebot von Sins eher auch auf die umliegenden Gemeinden erweitern, als dass sich alles nach Muri konzentriert», so Sidler.
Zur Zeit kein Bedarf
Eine Absage an das Recycling-Paradies gab es auch von Auw, Mühlau und Abtwil. In Auw ist man weiterhin dran, das vom Hagel beschädigte Gebäude, wo der Recyclinghof untergebracht war, zu reparieren. «Das benötigt mehr Zeit als anfangs gedacht. Wir streben aber weiterhin unsere eigene Lösung an und haben deshalb keinen Bedarf, uns in Muri einzukaufen», sagt der Gemeindeschreiber Stefan Schumacher. Aktuell stehe eine abgespeckte Variante der Sammelstelle mit einem Grundangebot für die Bevölkerung zur Verfügung.
Ähnlich ist die Situation in Mühlau. Auch hier hat die Bevölkerung ein gutes Grundangebot für Grüngut, Karton, Papier, Glas oder Tetrapack. Zwar hat man die Offerte vom Recycling-Paradies geprüft, diese aber abgelehnt. «Wir hätten sechs Franken pro Person und Jahr bezahlen müssen. Dazu waren wir nicht bereit. Wir sind keine direkte Nachbargemeinde von Muri und unsere Einwohnenden richten sich eher den Nachbarsgemeinden zu. Aussagen, dass wir schlecht verhandelt hätten, wollen wir so nicht stehen lassen», bekräftigt der Gemeindeammann Oliver Stöckli.
Abtwil hat keine Offerte von Muri eingeholt, da zur Zeit kein Bedarf besteht. Dies könnte sich jedoch auch mal ändern: «Wir arbeiten schon seit vielen Jahren mit der Firma Frey in Hochdorf, heute Leisibach, zusammen. Die Abtwiler Bevölkerung orientiert sich mehr nach Hochdorf als nach Muri. Sollte sich die Situation in der Zukunft ändern, ist die Gemeinde Abtwil sicher an einer allfälligen Zusammenarbeit mit Muri interessiert», erklärt der zuständige Gemeinderat Pius Engel.
Übergabefrist
Da die Öffnungszeiten in Muri attraktiver sind als bei der eigenen Entsorgungsstelle und dort auch spezielle Abfälle wie Styropor, Elektroschrott oder Leuchtmittel abgegeben werden können, hat Mühlau das Recycling-Paradies aufgefordert, für Einwohner, die das Angebot nutzen wollen, eine persönliche Karte auszustellen. «Ein jährlicher Betrag wäre für einige Bewohner eine gute Möglichkeit gewesen. Auf diesen Wunsch ist das Recycling-Paradies nicht eingegangen, und uns wurde indirekt vorgeworfen, wir würden uns auf ein Minimalangebot einschränken und unsere Einwohner als Trittbrettfahrer nach Muri schicken», erklärt Stöckli.
Ob einzelne Personen wirklich keinen Zutritt zum Recycling-Paradies erhalten, wird erst nach dem ersten Quartal entschieden. «Wir sind noch mit weiteren Gemeinden im Austausch. Bis Ende März wollen wir auswerten, wie sich die Besucherzahlen durch die neu angeschlossenen Gemeinden auf die Sammelstelle auswirken. Erst dann können wir sagen, ob wir noch Kapazität für weitere Gemeinden oder auswärtige Besucher haben», so Bertschi, die CEO vom Recycling-Paradies. Sie bestätigt, dass während der Übergabefrist bis im Frühling noch keine Zutrittskontrollen erfolgen. Erst ab dem zweiten Quartal erhalten nur noch die Bewohnenden der angeschlossenen Gemeinden und allenfalls Einzelpersonen Zutritt zur Sammelstelle.