Musik Frick schliesst sein Geschäft
13.09.2024 SinsNoch bis Ende September steht Jean-Pierre Frick in seinem Geschäft und berät seine Kunden. Dann löst er seine Verkaufsfläche auf und tritt in den Halbruhestand. Stimm-Service und Reparaturen von Klavieren, Cembalos und Gitarren wird er auch in Zukunft noch ...
Noch bis Ende September steht Jean-Pierre Frick in seinem Geschäft und berät seine Kunden. Dann löst er seine Verkaufsfläche auf und tritt in den Halbruhestand. Stimm-Service und Reparaturen von Klavieren, Cembalos und Gitarren wird er auch in Zukunft noch anbieten.
IRIS CAGLIONI
Der gelernte Klavier-Cembalobauer und Klavierstimmer Jean-Pierre Frick und seine Frau Véronique kamen 1978 nach Sins. Sie eröffneten die erste Ausstellung in einem Haus nahe der Kirche. «Das Haus steht heute nicht mehr. Es war ein reiner Verkaufsraum mit plus/minus zehn Klavieren. Die Werkstatt für die Reparaturen befand sich bei uns zu Hause in der Brunnenweid. In dieser Zeit kamen die Musikschulen auf. So war ich die Anlaufstelle in der Region und machte mir nach und nach einen Namen.»
Seit 33 Jahren neben dem Bahnhof
Die Räume an der Bahnhofstrasse bezog er zusammen mit seiner Frau Véronique 1991. Anfänglich mieteten sie das Geschäft mit der Werkstatt, ein paar Jahre später konnten sie die Wohnung im Obergeschoss dazu übernehmen. «Das war für uns wunderbar. Hier wuchsen auch unsere Kinder inmitten von klangvollen Instrumenten auf. Wenn ich Klavier spielte, hörten das die Kinder und natürlich auch meine Frau.»
Die Firma führt das Ehepaar noch heute gemeinsam. Büroarbeiten wie Terminvereinbarungen, Buchhaltung, Rechnungs- und Offertwesen und noch viele weiter Dinge erledigt Fricks Ehefrau im Hintergrund. «Ich plane auch freie Tage ein. Mein Mann ist der Künstler in der Familie, ich organisiere seine Kundentermine», erzählt sie mit einem Lächeln auf den Lippen.
Es ist nicht mehr wie früher
Der Satz klingt zwar abgedroschen, doch Fricks Erzählungen von früheren Jahren bestätigt ihn. Seine Branche leidet wie so manche andere unter den Onlineshops. Er sinniert: «Früher kamen die Kinder herein und fragten schüchtern, ob sie vielleicht etwas Klavier spielen dürfen. Da zeigte ich ihnen das Instrument, das sie sorgfältig nutzen durften. Es kam immer mal vor, dass ein Kind so die ersten Übungen auf einem Klavier machte und danach die Eltern bekniete, das Instrument zu kaufen. Und heute? Da kommen Leute in den Laden, lassen sich eine bis zwei Stunden lang von mir beraten und kaum sind sie aus der Ladentür, zücken sie das Handy und suchen das Modell beim günstigsten Online-Anbieter. Diese Tendenz begann vor zirka 15 Jahren und wurde immer drastischer.»
Frick versuchte, dem einen Riegel zu schieben, indem er die Zeit für seine Beratung mit Vorabkasso anbot. «Das kam nicht gut an. Die Leute rauschten aus dem Laden mit hochrotem Kopf und Unverständnis.»
Zu Besuch bei der Kundschaft
Der Beruf des Klavierstimmers führte Frick in die privaten Bereiche seiner Kunden. Das bedurfte stets Diskretion und ein tadelloses Auftreten. «Dazu gibt es eine spezielle Geschichte. Ich kam das erste Mal zu einer neuen Kundin, die in ihrem Haus auch wichtige Persönlichkeiten empfing. Ich war korrekt gekleidet, saubere Schuhe, Hemd, Hose, Veste. Sie liess mich eintreten, meine Arbeit machen und bei der Verabschiedung meinte sie ‹Nächstes Mal erscheinen Sie aber mit Krawatte!› Das war eine Ansage, und so band ich mir dann halt einen Schlips um, wenn diese Kundin auf der Terminliste stand.» Frick erzählte das mit einer grossen Gelassenheit. «Der Kunde ist schliesslich König und somit war diese Aufforderung für mich keine Kritik an meiner Arbeit, sondern ein Hinweis, wie ich eine zufriedene Kundin halten konnte.»
Wo gehobelt wird, fallen Späne
Eher selten, aber doch ab und an passierte ein Missgeschick. So riss er die eine oder andere Lampe herunter beim Anheben des Flügeldeckels. Frick erinnert sich an eine ganz spezielle Unfallgeschichte: «Einmal zog ich einen Flügel etwas aus seiner Nische, damit ich besser arbeiten konnte. Er stand in einer Aussparung eines Bücherregals. Dass das deckenhohe Regal nicht richtig an der Wand befestigt war, wusste ich ja nicht, und als ich am Flügel zog und dieser minim das Regal berührte, kippte es nach vorne, zerdepperte die Deckenlampe und landete im Wohnzimmer und natürlich auf dem wunderbaren Instrument – das war eine Katastrophe!»
In zwei Wochen ist Schluss
Mit einem resignierten Blick zuckt Jean-Pierre Frick die Schultern und führt durch seine Räumlichkeiten. «Seit 33 Jahren ist das hier unsere Heimat. Der Ausstellungsraum ist ein wunderbar wohlklingender Raum. Wer hier am Piano sitzt und es ausprobiert, kann den Klang richtig geniessen. Das ist leider bald vorbei.» Einen Nachfolger fand er trotz intensiver Bemühungen nicht. Ende September nimmt er Abschied von seinem Geschäft. Mit einem Auge lächelt er, denn er wird auch in Zukunft für seine Kunden da sein. Doch das andere Auge weint. Eine Ära geht zu Ende. Er verkleinert ab Oktober sein Wirkungsfeld. «Was ich nach wie vor meiner geschätzten Kundschaft anbiete, ist das Stimmen und Reparieren von Klavieren und Cembalos sowie auch Reparaturen von Gitarren. Ich bin immer noch für jegliche Art von Beratung da. Und alle Instrumente, die auf meiner Homepage aufgeführt sind, können noch gekauft werden. Nur sind sie nicht mehr so schön ausgestellt wie heute.»