In fünf Tagen wird entschieden
24.10.2025 BeinwilGibt es auf dem Lindenberg bald einen Windpark oder nicht? Diese Frage wird am kommenden Mittwoch an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung geklärt. Dafür haben Befürworter und Gegner nochmals informiert.
RAHEL HEGGLIN
Am Mittwochabend, 15. ...
Gibt es auf dem Lindenberg bald einen Windpark oder nicht? Diese Frage wird am kommenden Mittwoch an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung geklärt. Dafür haben Befürworter und Gegner nochmals informiert.
RAHEL HEGGLIN
Am Mittwochabend, 15. Oktober luden die Befürworter, allen voran der Gemeinderat sowie die Betreiberin der möglichen Windräder, die AEW Energie AG, die Bevölkerung ein. Über 200 Personen fanden den Weg in die Mehrzweckhalle. Da mit dieser Masse gerechnet worden war, mussten Auswärtige die Veranstaltung in einem separaten Raum via Live-Übertragung verfolgen. Die Begrüssung übernahm Gemeindeammann Stefan Zemp. In seiner Rede blickte er auf den langen Weg zurück, der mit dem Windparkprojekt einher ging. «Seit rund 15 Jahren befassen sich verschiedene Gruppierungen, Fachstellen und Behörden mit dem Projekt. Neben den Projektträgern haben sich auch der Kanton Aargau als Genehmigungsstelle, die Fachstellen der Kantone Aargau und Luzern, die Eidgenössische Denkmalpflege, das Bundesamt für Zivilluftfahrt sowie diverse Steuerungs- und Begleitgruppen intensiv mit der Planung auseinandergesetzt.» Das Projekt habe sich in den Jahren mehrmals verändert und bestehe mittlerweile nur noch aus drei Windkraftanlagen. Ursprünglich waren sieben vorgesehen. Zemp zeigte sich überzeugt, dass die Informationsveranstaltung offene Fragen klären könne und die Meinungsbildung in der Bevölkerung unterstütze. Mit diesen Worten übergab er das Wort an den Moderator Rolf Schmid, welcher gleich seinen nächsten Gast, den stellvertretenden CEO der AEW, David Gautschi, auf die Bühne bat.
Winterlücke schliessen
Gautschi erläuterte, dass das Projekt sowohl die nationale Energiestrategie als auch das Ziel verfolge, lokal erzeugten Strom bereitzustellen und die regionale Versorgungssicherheit zu stärken. «Vor allem im Winterhalbjahr kann Windenergie eine wichtige Energielücke füllen, da Solar- und Wasserkraft vor allem im Sommer Energie liefern.» Die Standortwahl der drei Anlagen auf dem Horben sei unter Berücksichtigung von Windressourcen, Ausschlusskriterien wie Abstand zu Gebäuden, Gewässern und Naturschutzgebieten sowie weiteren Abwägungskriterien wie Schutz von Wildtierkorridoren erfolgt. Die drei Windkraftanlagen werden etwa 25 Gigawattstunden Strom erzeugen, was für rund 5’600 Haushaltungen reicht. Auch auf die Rückbauverpflichtungen ging er ein: «Nach Ende der Betriebszeit von 20 Jahren können die Anlagen rückstandslos entfernt werden, inklusive den Fundamenten.» Zum Schluss erklärte er noch, dass die Windpark Lindenberg AG die Bevölkerung einbeziehen wolle. «Bürger können Aktien zeichnen, wobei die maximale Beteiligung auf zehntausend Franken begrenzt ist.» Die Erträge sollen der Gemeinde Beinwil zugutekommen, mit einem fixen Betrag von rund 200’000 Franken im Jahr und zusätzlichen variablen Einnahmen sowie Begleitmassnahmen und Gemeindesteuern.
Gegenargumente
Nebst den zusätzlichen Befürworter-Vorträgen des ehemaligen Gemeindeammanns Albert Betschart und des Unternehmers Hermann Büttler sowie einer Präsentation von Ruth Schmitt aus der Begleitgruppe, war mit Stefan Schimon, Präsident Verein Pro Lindenberg, auch ein Gegner des Projektes eingeladen. Dieser erklärte die fünf Hauptgründe, weshalb er gegen den Windpark kämpft. «Zu den direkten Nachteilen zählt der Lärm, Infraschall, Schattenwurf, nächtliche Blinklichter sowie mögliche Wertminderungen von Liegenschaften.» Auch die Energiemenge der geplanten Anlagen von 25 Gigawattstunden relativierte er im Kontext des Schweizer Strombedarfs: «Die Windkraft leistet nur einen sehr kleinen Beitrag zur benötigten Energie von rund 88 Terawattstunden im Jahr 2050.» Dafür seien die ökologischen Risiken aber zu gross. «Die Anlage steht im grössten Grundwasservorkommen des Lindenbergs und in der Nähe eines national geschützten Hochmoors.» Auch der Abrieb von gefährlichen Chemikalien an den Rotoren würde in die Umwelt abgegeben, und der Rückbau sowie die Frage nach dem Recycling der ausgedienten Windräder sei alles andere als einfach und geklärt.
Viele Fragen
Nach diesen Voten für und gegen den Windpark war endlich die Bevölkerung an der Reihe. Insgesamt meldeten sich über 30 Personen zu Wort. Sie fragten sich unter anderem, warum der Windpark nach 20 Jahren wieder abgeräumt werden muss. Dazu Gautschi: «Es spricht nichts dagegen, den Windpark auch 30 Jahre zu betreiben. Dann fällt allerdings die Windenergiezone weg und das ganze Verfahren muss wieder von vorne geplant werden.» Auch die Frage zu den Abrieben und dem Verteiler der giftigen Chemikalien beschäftigte. Ein Landwirt äusserte sich emotional, dass bei Vorfinden von diesen Chemikalien in den Böden nicht die Windpark Lindenberg AG geschlossen werde, sondern sein Hof. Auch Fragen zu den effektiven Winddaten auf dem Lindenberg kamen auf. Gautschi erklärte, dass man diese genau geprüft habe und die geplanten Windräder sich genau für den Standort auf dem Lindenberg eignen. Es zeigte sich, dass von den vielen Wortmeldungen die wenigsten für den Windpark weibelten. Um die Fragen und Argumente der Gegner nochmals zu vertiefen, lud der Verein Pro Lindenberg am Montagabend zu einer weiteren Informationsveranstaltung im Restaurant Kreuz ein.
Informationsveranstaltung der Gegner
Rund 100 Personen folgten der Einladung. Nach der Begrüssung wies Schimon nochmals auf seine Hauptkritikpunkte hin und ergänzte diese mit weiteren Informationen. Unter anderem, dass auch rechtliche Unsicherheiten aufgrund der zwei bevorstehenden Volksinitiativen (Gemeindeschutzund Waldschutzinitiative) bestehen. Bei ihrer Annahme müssen sämtliche Windräder, die ab dem 1. Mai 2024 erbaut wurden und die Abstandsregel nicht einhalten, zurückgebaut werden. Schimon wies darauf hin, dass die Abstände zum Hochmoor sowie zum Schloss Horben unter der kantonalen Norm liegen, aber durch übergeordnetes, nationales Interesse ausgehebelt wurden. «Die Windräder zusammen müssen die prognostizierten Gigawattstunden pro Jahr erreichen, um als nationales Interesse zu gelten und die anderen Schutzinteressen zu übersteuern.»
Gegenargumente und Juristisches
Nach seiner Präsentation übergab er das Wort an das Vorstandsmitglied Urs Waltenspül, der versuchte, die Argumente der Befürworter zu widerlegen. Unter anderem, dass Windkraft eine saubere Energie sei. «Windstrom ist zwar sauber in der Energieerzeugung. Doch bei genauer Betrachtung entsteht durch den Materialaufwand für Beton, Zement, Holz, die Transportwege und die Rotorblätter ein erheblicher ökologischer Fussabdruck.» Zudem sei Windenergie stark von den natürlichen Bedingungen abhängig, wodurch es zu unregelmässiger Stromproduktion komme. Weiter kritisierte er, dass Aussagen zur Stromversorgung regionaler Haushalte irreführend seien. «Der erzeugte Strom wird in das überregionale Netz eingespeist und nach Marktprinzip verkauft.»
Auch Grossrat und Jurist Lukas Pfisterer hatte einen Auftritt. Er erläuterte die rechtliche Lage. «Die Beinwiler Stimmbevölkerung wird demnächst über die Teiländerung Kulturlandplan ‹Windpark Lindenberg› abstimmen. Diese Abstimmung bildet die Grundlage, ob der Windpark Lindenberg gebaut wird oder nicht. Sie haben nur dieses eine Mal Mitspracherecht. Alle weiteren Schritte werden ohne den Einbezug der Bevölkerung unternommen.»
Schlussfragen und Abstimmung
Auch hier zeigte sich im Anschluss, dass viele Teilnehmende im Saal Sorgen haben. Sorgen um das Landschaftsbild, um den Natur- und Tierschutz oder um den Werterhalt der Immobilien. Es gab aber dennoch auch Stimmen für den Windpark. So beispielsweise von einem Landwirt, der auf einem Hof nahe einer Autobahn aufwuchs und findet, dass man einen Beitrag zur nationalen Infrastruktur und Versorgungssicherheit beitragen müsse.
Wie die Beinwiler Bevölkerung entscheidet, zeigt sich am Mittwoch an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung.



