Herdenschutzhunde sind keine Kuscheltiere
17.11.2023 RegionDemnächst kommt die Familie Frei mit ihrer Schafherde zurück ins Oberfreiamt. Mit dabei sind vier Herdenschutzhunde. Diese sind für den Schutz der Schafe verantwortlich und dürfen nicht provoziert werden.
RAHEL HEGGLIN
Geplant ist, dass Anfang ...
Demnächst kommt die Familie Frei mit ihrer Schafherde zurück ins Oberfreiamt. Mit dabei sind vier Herdenschutzhunde. Diese sind für den Schutz der Schafe verantwortlich und dürfen nicht provoziert werden.
RAHEL HEGGLIN
Geplant ist, dass Anfang Dezember die Herde mit gut 300 Tieren auf die Weide nach Mühlau kommt. Mittendrin die Schutzhunde, welche die Schafe vor Wölfen bewachen. «Es gibt zu viele davon in der Schweiz. Deshalb ziehen sie von den Alpen ins Flachland und suchen sich hier ihr Fressen. Es ist jederzeit – in der ganzen Schweiz – mit Wölfen zu rechnen», erklärt Frei auf die Frage, weshalb es hier Schutzhunde braucht. In seiner Herde sind es vier. Deren Aufgabe ist es zu reagieren, wenn sie Bedrohung für die Schafe wittern. Deshalb ist richtiges Verhalten vom Menschen angesagt.
Einen anderen Weg gehen
«Die Schutzhunde sehen in allen Tieren grundsätzlich eine Gefahr und geben an», so Frei. Vor allem andere Hunde sehen sie als Bedrohung. «Wenn sich die Herdenschutzhunde von einem anderen Tier, wie beispielsweise einen Hund, provoziert fühlen, kann es zu Konflikten kommen», sagt der Schafzüchter. Herdenschutzhunden ist es erlaubt über den Weidezaun zu springen und sie dürfen sich auch ausserhalb (bis 300 Meter) davon bewegen. Deshalb bietet der Zaun keinen Schutz. Die Schafherde ist jedoch nur während zwei bis drei Wochen am gleichen Ort. In dieser Zeit hat Frei einen Appell: «Ich rate allen Personen, die sich auf einem Hundespaziergang befinden, sich für diese kurze Zeit eine andere Route zu suchen.» Das Gleiche gilt für Personen mit Fahrrädern. «Wenn jedoch ein Velofahrer vom Fahrrad steigt und langsam dem Zaun entlang seinen Weg geht, dann passiert nichts. Anders kann es sein, wenn ein Radfahrer mit Tempo daherkommt. Dann brauchen die Hunde Zeit um zu erkennen, dass es keine Gefahr gibt.»
Nicht provozieren
In Menschen sehen die Herdenschutzhunde grundsätzlich keine Bedrohung. Solange diese sich nicht mit den Tieren anlegen wollen. «Ich hatte schon Fälle, da haben Personen mit einem Stecken unseren Hunden gedroht. Da reagieren diese natürlich.» Frei erklärt weiter: «Diese Hunde sind ausgebildet, um sich mit Wölfen auseinander zu setzen. Deshalb appelliere ich dringend, sie nicht herauszufordern.»
Frei hat auch zwei Welpen. Diese bringen zwar schon ein stattliches Gewicht von über 30 Kilogramm auf die Waage, dennoch sehen sie sehr putzig aus. Streicheln sollte man sie jedoch auf keinen Fall. «Diese Hunde sind keine Kuscheltiere. Sie sind in der Ausbildung und dafür da, die Schafe zu beschützen», so Frei. Wer also trotzdem um die Herde läuft, wo die Schutzhunde drin sind, sollte einfach normal weiterlaufen und die Hunde sowie die Herde nicht weiter beachten. «Die Hunde greifen nicht einfach an. Sowieso wissen sie, dass Menschen keine Gefahr sind», so Frei.
Einziges Mittel gegen Wolf
Nachdem die Schafherde in Mühlau die Weiden abgegrast hat, zieht sie weiter nach Auw. Voraussichtlich treffen sie gegen Ende Dezember dort ein. Ungefähr Mitte Januar werden sie Richtung Beinwil ihre Wanderung fortsetzen. Rund um die Weiden stehen Hinweistafeln, die vom Bund gestellt werden. «Darauf ist gut erkennbar, dass es sich um eine Schafherde mit Herdenschutzhunden handelt.»
Dass die Schutzhunde ab und an bellen, ist nicht zu umgehen. «Diese reagieren auf jedes Tier. Das kann ein Fuchs, ein Reh oder eine Katze sein.» Er bittet deshalb die Bevölkerung um Nachsicht. «Wir sind ja nicht lange am gleichen Ort. Und die Hunde sind unser einziger Schutz gegen die Wölfe.»
Frei weiss, von was er spricht. Im März 2022 hatte ein Wolf in seiner Herde 25 Schafe gerissen. Und dies mitten in Bonstetten. «Ich verwende starke Zäune, die mit Strom versehen sind. Aber das nützt nichts gegen einen Wolf. Nur Hunde können uns Sicherheit geben.»
Frei ist auch für Gespräche bereit. «Ich bin immer um meine Schafe. Wenn jemand Fragen hat, kann er sich jederzeit an mich wenden. Aber das Gespräch soll anständig und im Dialog sein. Keine Anfeindungen», stellt er klar.
Informationsveranstaltung
Um die Bevölkerung über die Handhabung mit Herdenschutzhunden zu informieren, wurde Ende Oktober in Bonstetten eine Informationsveranstaltung durchgeführt. Es wurde erklärt, warum es die Schutzhunde braucht
und wie man sich ihnen gegenüber am besten verhält. «Es war ein intensiver, dreistündiger Austausch mit den Interessierten», erklärt Frei. «Aber es war unglaublich schön, welches Verständnis uns entgegengebracht wurde. Viele verstanden am Ende, weshalb wir Herdenschutzhunde brauchen und dass es einfach zu viele Wölfe gibt.»
Solche Veranstaltungen will Frei und seine Familie auch im Kanton Aargau anbieten. Geplant sind sie in Mühlau und in Auw. «Sobald wir mit den Hunden in diesen Gemeinden sind, werden wir die Daten dafür kommunizieren.» Frei hofft, dass viele Personen an die Informationsanlässe kommen: «Ich möchte, dass unsere Arbeit verstanden wird. Die Herdenschutzhunde sind unsere Versicherung und mit diesen möchte ich niemanden provozieren.»
Herdenschutzhunde
Marcel Frei hat vom Bund die Erlaubnis, seine Herdenschutzhunde kantonsübergreifend einzusetzen. Er wurde von der AGRI-DEA (Fachstelle vom Bund für Herdenschutzhunde), vom BFU (Beratungsstelle für Unfallverhütung) und vom Kanton überprüft. «Da wurde ein Sicherheitsgutachten und Auflagen erstellt, was ich wie erfüllen muss.» Er muss jederzeit dokumentieren, wo er mit seiner Herde mit Schutzhunden ist. Die Gemeinde ist dafür nicht zuständig. «Der Kanton hat alles bewilligt, schlussendlich läuft das Herdenschutzprogramm aber über den Bund.»