First Responder – wenn jede Minute zählt
09.06.2023 RegionSeit drei Monaten sind sie im Oberfreiamt unterwegs – die freiwilligen Ersthelfenden mit den gelben Westen. Unterwegs, um Leben zu retten. Vergangene Woche trafen sich die First Responder zu ihrer ersten Generalversammlung.
EVELYNE HEEB
Was lange ...
Seit drei Monaten sind sie im Oberfreiamt unterwegs – die freiwilligen Ersthelfenden mit den gelben Westen. Unterwegs, um Leben zu retten. Vergangene Woche trafen sich die First Responder zu ihrer ersten Generalversammlung.
EVELYNE HEEB
Was lange währt, wird endlich gut. Vielerorts in der Schweiz hat sich das Angebot der Ersthilfe durch geschulte Freiwillige aus der Region bereits etabliert. Seit dem 1. März rücken sie in Herz-Kreislauf-Notfällen auch in den Gemeinden Abtwil, Auw, Dietwil, Mühlau, Oberrüti und Sins aus. Der vor einem halben Jahr gegründete Verein «First Responder Oberfreiamt» verstärkt als zusätzliches Glied die klassische Rettungskette und schliesst die Lücke vom Notruf bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes.
Am Dienstag vergangener Woche trafen sich die Mitglieder zur ersten Generalversammlung im Restaurant Einhorn in Sins. Anwesend waren auch Vertretende der involvierten Gemeinden sowie des Spitals Muri. «Ohne die Unterstützung von Gemeinden und Spital wären wir heute nicht hier. Alleine hätten wir dieses Projekt schlicht nicht realisieren können», hielt Präsident Thomas Huber gleich zu Beginn fest.
Geschult für den Notfall
Es dauert durchschnittlich mehr als zehn Minuten, bis nach einem eingegangenen Notruf der Rettungsdienst vor Ort ist. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand eine gefühlte Ewigkeit, denn mit jeder verstrichenen Minute sinkt die Überlebenschance um zehn Prozent. Hier greift das neue System. Wird bei einem Anruf bei der kantonalen Notrufzentrale 144 über eine leblose Person, über Atemnot, Brustschmerzen oder Bewusstlosigkeit berichtet, rücken parallel zum Rettungsdienst neu auch die First Responder aus. Aufgrund ihrer örtlichen Nähe sind sie innert kürzester Zeit am Einsatzort und überbrücken so entscheidende Momente bis die Ambulanz eintrifft.
Momentan organisieren sich die 25 Freiwilligen in einer WhatsApp-Gruppe mit einem internen Quittierungssystem. Die vier Schnellsten reagieren mit einem «Daumen hoch» und nehmen den Einsatz an. Mit einem Notfallrucksack ausgerüstet können diese mittels Herzmassage, Beatmung und Defibrillation den Kreislauf der Patienten stabilisieren. «In den ersten Minuten braucht es keinen Profi, sondern einfach jemanden, der gelernt hat, lebensrettende Sofortmassnahmen einzuleiten», so die diplomierte Rettungssanitäterin Linda Henseler. Sie hat die Gruppe ausgebildet. Der berufliche Hintergrund spielte dabei keine Rolle. «Egal ob medizinisches Vorwissen oder nicht, jede und jeder kann First Responder werden.»
15 Einsätze in drei Monaten
Der technische Leiter des Vereins, Ueli Marty, gab Einblick in die ereignisreiche Startphase. 15-mal wurden die First Responder in den vergangenen drei Monaten alarmiert. «Mit so vielen Einsätzen haben wir definitiv nicht gerechnet. Doch glücklicherweise hielt sich die Dramatik in den meisten Fällen in Grenzen und wir mussten nur ein einziges Mal reanimieren.» Sein erstes Fazit fällt somit durchwegs positiv aus: «Wir waren in allen Fällen vor dem Rettungsdienst zur Stelle, das Alarmierungssystem funktioniert.»
Simon Haber, Leiter Rettungsdienst des Spitals Muri, äusserte sich voll des Lobes über die neue Zusammenarbeit und richtete persönliche Worte an die Ersthelfer: «Denkt daran: wenn ihr nach einem Einsatz das Gefühl habt, ihr wurdet nicht gebraucht, dem ist nicht so. Eure Anwesenheit allein ist schon Gold wert und psychologisch enorm wichtig. Ihr senkt den Stresslevel bei allen Beteiligten.»
Finanzieller Ausblick
Nachdem die sechs Gemeinden bereits den Aufbau des Vereins finanzierten, unterstützen sie den laufenden Betrieb mit jährlich einem Franken pro Einwohner. Der Finanzverantwortliche Reto Hofmann zeigte jedoch deutlich auf, dass dieser Betrag nicht reichen wird, um Aufwandsentschädigungen, Weiterbildungen oder Ersatzbeschaffungen zu decken. «Wir sind auf Gönnerbeiträge und weitere Einnahmequellen angewiesen», so der Kassier. Es folgten seitens des Plenums viele Wortmeldungen mit Ideen, die vom Vorstand gerne aufgenommen wurden. Einige Mitglieder eröffneten gar, der guten Sache wegen auf ihren Verdienst zu verzichten.
Optimistisch in die Zukunft
Nachdem alle Traktanden einstimmig angenommen wurden und der Präsident die Sitzung nach rund fünfzig Minuten schloss, verlagerten sich die Gespräche an die Stehtische. Bei einem Imbiss und einem Glas Wein tauschten die Mitglieder Erfahrungen aus und eruierten Verbesserungspotential. Noch steht das Projekt in seinen Anfängen. Doch die letzten drei Monate haben gezeigt, welch grosse Lücke die First Responder in der Oberfreiämter Rettungskette schliessen. Und damit beitragen, Menschenleben zu retten.