Eine Busanbindung für Mühlau?
27.06.2025 Mühlau
Am Mittwoch letzter Woche hatte der Gemeinderat zu einer Info-Veranstaltung eingeladen. Anlass war die Petition für eine neue Busverbindung nach Mühlau. In der voll besetzten Mehrzweckhalle wurde kontrovers diskutiert.
ANNETTE KNÜSEL
Anwesend waren ...
Am Mittwoch letzter Woche hatte der Gemeinderat zu einer Info-Veranstaltung eingeladen. Anlass war die Petition für eine neue Busverbindung nach Mühlau. In der voll besetzten Mehrzweckhalle wurde kontrovers diskutiert.
ANNETTE KNÜSEL
Anwesend waren vonseiten der Gemeinde Peter Suter, vonseiten des Kantons Conrad Naef vom Departement BVU und vonseiten der Repla der Präsident der Kommission Öffentlicher Verkehr, Reto Widmer. Im Publikum sassen ausserdem Gemeindeammann Oliver Stöckli, der Sinser Gemeinderat Jakob Sidler und der Mühlauer Grossrat Ralf Bucher. Die SBB waren nicht vertreten.
Die Petition der Gruppe «Förderung des öffentlichen Verkehrs» war am 9. Oktober von Heidi Robinson eingereicht worden, unterschrieben von 275 Einwohnern Mühlaus. Das entspricht zahlenmässig mehr als einem Drittel der Stimmberechtigten, wie Suter eingangs festhielt. Die Gruppe hat nach eigener Aussage vier Ziele ihrer Petition definiert (siehe Kasten links). Konkret fordert sie: die Einführung einer «Öffentlichen Busverbindung für Mühlau».
Informationen über den Stand der Dinge
Der Gemeinderat wurde mit dieser Petition ersucht, «den Anschluss der Gemeinde Mühlau mittels Buslinie mit den relevanten Behörden zu prüfen». Dies hat der Gemeinderat getan. Von der Repla erhielt er zwei Auskünfte: Die Gemeinde müsse sich zwischen Bahn- oder Busanbindung entscheiden, aus finanziellen Gründen sei beides nicht möglich. Aber sei es möglich, einen dreijährigen Versuchsbetrieb zu starten, allerdings ohne Kostenbeteiligung des Kantons.
Nach dieser Einführung bat Suter Conrad Naef als Vertreter des Kantons, einen Überblick über die bestehende Situation zu geben. Naef erklärte, dass die Erschliessungsqualität des ÖV für eine bestimmte Gemeinde von den Experten von A (sehr gut) bis F (nicht gut) bewertet wird. Die aktuelle Anbindung von Mühlau gilt als «D». Pro Zug steigen im Durchschnitt zwei Personen ein und zwei Personen aus, das ergibt total 220 Ein- und Aussteiger pro Tag (2024). Zum Vergleich: Bei einem Busbetrieb im Sechzig-Minuten-Takt von 6 bis 20 Uhr wären zirka 200 Fahrgäste pro Tag nötigt, damit das Angebot aufrechterhalten werden kann. Insgesamt habe die Bahn einige Vorteile gegenüber dem Bus, so Naef. Ein Problem in Mühlau sei allerdings, dass Perron 2 des Mühlauer Bahnhofs nur über eine lange Treppe erreichbar ist, also nicht den Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes entspricht.
Lebhaftes Ringen um eine Lösung
Von nun an gab es die ersten Wortmeldungen, und schnell wurde klar, dass hier der Hund begraben liegt: Perron 2 ist für Menschen mit Gepäck oder Mobilitätseinschränkungen de facto unerreichbar: Die Treppe ist lang, steil – und ohne Alternative. Kein Aufzug, nicht mal eine Rampe weit und breit. Mit einer neuen Buslinie für Mühlau möchte die Gruppe «Förderung des öffentlichen Verkehrs» dieses Problem lösen. Andere sehen die SBB in der Pflicht, die Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes zu erfüllen.
Die zahlreichen Wortmeldungen aus dem Publikum machten deutlich, dass der Perron den Mühlauern unter den Nägeln brennt. Die Beiträge beleuchteten verschiedene Aspekte, unter anderem diese: Wer ist eigentlich zuständig für die Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes? Benzenschwil hat sowohl Bahn als auch Bus und Taxito. Man sollte in den Zügen ein Halteverlangen einführen! Wo ist die Unterstützung des Kantons? Könnte man nicht andere Gemeinden ins Boot holen? Wir müssen uns gegen die SBB zusammentun!
Was wollen die Mühlauer?
Für Reto Widmer (Repla) lautet die zentrale Frage: «Wohin reisen die Mühlauer? Nach Sins und Merenschwand oder nach Rotkreuz und Lenzburg?» Entsprechend sei der Bus oder die Bahn das passende Verkehrsmittel. Der Standpunkt der Repla sei klar: Beides ist nicht finanzierbar. Grossrat Ralf Bucher doppelte nach: «Man muss einfach anerkennen, dass wir für zwei Angebote zu klein sind.» Und Suter hielt fest: «Für den Gemeinderat geht es um den Erhalt des Bahnhofs.» Er fürchte einen Rückbau der Bahnverbindung, wenn Mühlau eine Busverbindung hat.
Gemeinderat Sidler aus Sins wäre nicht abgeneigt, Reussegg und Industrie Nord mit einem Bus besser zu erschliessen. Aber Sins scheut die Kosten. Pro Haltekante sei mit einer halben Million Baukosten zu rechnen – also mit einer Million für eine Haltestelle in beide Richtungen. Davon müssen die Gemeinden 35 Prozent übernehmen. Auch Gemeindeammann Stöckli meldete sich zu Wort. Der Gemeinderat werde «alle Jahr» bei den SBB vorstellig, damit der Bahnhof endlich behindertengerecht ausgebaut wird.
Wie es weitergeht, ist offen
Leider scheinen die Bemühungen bisher wenig zu fruchten. Gerade haben die SBB bekannt gegeben, dass sich die Bauarbeiten für den behindertengerechten Zugang zum Bahnhof Mühlau, die schlussendlich für Juli 2025 angekündigt waren, auf unbestimmte Zeit verschieben werden. Um so bedauerlicher, dass keine Ansprechsperson der SBB anwesend war.
«Mir fehlt ein bisschen die Vision», kritisierte Vigeli Caplazi, der Heidi Robinson bei ihrem Vorhaben tatkräftig unterstützt, am Ende der Veranstaltung den Gemeinderat. «Wir sind eine lebendige Gemeinde und können selbst aktiv werden», hielt Suter dagegen. Ob auf der nächsten Gemeindeversammlung über die Buslinie abgestimmt wird, wie die Petitionssteller hoffen, ist derzeit nicht klar. Den Vorgaben gemäss wird der Gemeinderat jetzt eine Entscheidung treffen. Gegen diesen Entscheid kann dann eine Initiative gestartet werden.
Die vier Ziele der Gruppe «Förderung des öffentlichen Verkehrs»:
– Steigerung der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
– Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs
– Beitrag zum Klimaschutz durch Co2-Reduktion
– Verbesserung der Mobilität in ländlichen und urbanen Regionen.