Ein Zeitzeuge erstrahlt wieder in neuem Glanz
18.07.2025 AuwAn der Hausecke unter dem Dach hängt er, der Schild des Gasthofs Hirschen. Er stammt aus dem Jahr 1798 und trägt die Wappen der damaligen Urkantone. Nach einer Tiefenrestauration hängt er wieder an seinem Platz.
IRIS CAGLIONI
Im Zuge der ...
An der Hausecke unter dem Dach hängt er, der Schild des Gasthofs Hirschen. Er stammt aus dem Jahr 1798 und trägt die Wappen der damaligen Urkantone. Nach einer Tiefenrestauration hängt er wieder an seinem Platz.
IRIS CAGLIONI
Im Zuge der Fassadensanierung des Gasthofs Hirschen wurde auch der kunstvoll geschmiedete Rokoko-Wirtshausschild restauriert. Er ist versehen mit den acht Kantonen der damaligen Eidgenossenschaft als Wappen. Letztmals wurde er 1998 restauriert und farbig gefasst. Seither hat sich an gewissen Stellen Rostfrass gebildet und der Schild wies auch fehlende, abgerostete Blumenblätter auf. Der Kunstschlosser Werner Villiger von Bünzen und der Restaurator Michael Kaufmann von Muri wurden als Fachexperten hinzugezogen. Sie restaurierten in enger Zusammenarbeit das Denkmalschutzobjekt. Am 11. Juli wurde dieser Zeitzeuge wieder an seinem angestammten Platz angebracht. Die Zierde des Hauses erstrahlt in neuem Glanz. Wirtin Anita Bütler gefällt das Resultat: «Er ist wunderschön geworden. Interessant war, dass niemandem aufgefallen ist, dass der Schild weg war.»
Arbeiten in der Kunstschlosserei
Der Kunstschlosser Villiger zerlegte den Schild in seine rund 170 Einzelteile. Er fotografierte diese Schritte, damit das spätere Zusammenbauen reibungslos läuft. Villiger erzählt: «Ich ergänzte die fehlenden Teile und lötete den Lochfrass mit Messinglot auf. So konnte die Originalsubstanz nachvollzogen werden. Danach wurden alle Teile einzeln sandgestrahlt, spritzverzinkt und epoxidgrundiert.» Mit diesem Verfahren wurde gewährleistet, dass der Rost dem Schild nichts mehr anhaben kann. Die metallische Restaurierung nahm mehrere Wochen in Anspruch und Villigers Atelier war teilweise mit winzigen Einzelteilen übersäht – dies aber klar durchstrukturiert.
Nach Muri und zurück nach Bünzen
Villiger transportierte die Teile nach Muri zu Michael Kaufmann, dem Restaurator. Dieser grundierte sie und legte die erste Farbschicht auf. Im Anschluss daran, wieder in der Kunstschlosserei in Bünzen, baute Villiger den Schild komplett zusammen und montierte ihn an einer von ihm konstruierten Halterung. «An dieser Halterung bleibt der Schild, bis er am Wirtshaus montiert wird. Das ist nicht nur optimal für den Transport, sondern auch für die nächsten Arbeitsschritte beim Restaurator», erklärte Villiger.
Zweite Etappe beim Restaurator
Die Farbfassung und die Wappenbemalungen führte Kaufmann aus. Rein weisse Flächen fanden sich bei den Wappen und bedurften einer doppelten Farbschicht. Die weissen Bestandteile der Blüten und Knospen hingegen bemalte er in einem hellelfenbeinfarbenen Ton, welcher der Natur am nächsten kommt. In einem weiteren Schritt beendete der Restaurator die Farbschichten. Im Herzen des Schildes, umrahmt mit Laubranken befinden sich zehn Flächen, acht für die Wappen der damals verbündeten Kantone, zwei für die Initialen der Wirtsleute – fünf auf jeder Seite. «Auf der einen Seite sind das die Wappen Bern, Zug, Luzern und Glarus, auf der anderen Seite sind es Unterwalden, Uri, Schwyz und Zürich.
Unterhalb der Wappen, und mit einer darüberliegenden Krone geschmückt, befinden sich auf jeder Seite eine Fläche für die Initialen der Wirtsleute – BB für Burkard Bütler und neu AB für Anita Bütler», informierte Kaufmann.
Hier ist alles Gold, was glänzt
Die meisten der gelb bemalten Flächen wurden in einem letzten Schritt mit Blattgold belegt. Der Restaurator erläuterte: «Für die doppelte Vergoldung verwende ich Blattgold, sogenanntes Transfergold, welches auf einem Seidenpapier aufliegt.» Damit das hauchdünne Metall haftet, wo es soll, muss vorgängig der Untergrund mit einem Vergolder-Öl vorbehandelt werden. Danach überträgt Kaufmann das Blattgold vom Papier auf das Motiv am Schild. Dieser Vorgang wird zweimal ausgeführt. «Mit dem von mir verwendeten Öl habe ich eine Zeitspanne von 12 bis 20 Stunden, um das Blattgold anzulegen. Ausschlaggebend für einen schönen Glanz ist unter anderem der richtige Zeitpunkt der Goldauflage.»




