Ein Abend voller Chlauszauber
05.12.2025 OberrütiWenn am 1. Advent beim Forsthaus das Feuer brennt, die Opti-Band spielt und der Duft von Grilladen in der Luft liegt, dann weiss das Dorf: Der Samichlaus ist unterwegs. Viele Familien stimmten sich so in die Adventszeit ein.
RAHEL HEGGLIN
Es war gegen halb sechs, ...
Wenn am 1. Advent beim Forsthaus das Feuer brennt, die Opti-Band spielt und der Duft von Grilladen in der Luft liegt, dann weiss das Dorf: Der Samichlaus ist unterwegs. Viele Familien stimmten sich so in die Adventszeit ein.
RAHEL HEGGLIN
Es war gegen halb sechs, als am Sonntagabend tief im Wald Trychlen zu hören waren. «Das muss der Samichlaus mit seinem Gefolge sein!», war überall zu hören. Viele Kinder rannten den dunklen Weg hinauf und schauten, ob sie den Samichlaus und sein Gefolge schon erblicken konnten. Aber ausser schwarzer Nacht war lange nichts zu sehen. Doch dann wurden die Trychler lauter, und in der Dunkelheit tauchte eine Gruppe Männer auf, die in ihren weissen Kutten und im Gleichschritt für den eingängigen Ton sorgten. Kaum waren die Männer von den Besuchenden umzingelt, tauchten auch schon die Stars des Abends auf: zwei Esel, der Samichlaus und seine Diener.
Magischer Augenblick
Es war ein magischer Moment, als der grosse, bärtige Mann mit seinem roten Gwand, flankiert von zwei Samichlauskollegen dastand. Die Kinder wussten nicht recht: Sollen sie jetzt aufgeregt auf dem Weg hin und her rennen oder doch lieber Schutz bei Mami oder Papi suchen? Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte, ging auch der Samichlaus langsam seinen Weg bis zum Forsthaus weiter. Dort platzierte er sich vor dem Feuer, mit einem grossen, schweren Buch in den Händen. Damit der alte Mann nicht so laut schreien musste, erhielt er ein Mikrofon für seine Begrüssungsrede.
Lange wollte er aber seine wichtigsten Gäste, die Kinder, nicht warten lassen. Und so nahm er sein Buch hervor und las die Geschichte vom Eichhörnchen und dem Samichlaus vor. Während die einen Kinder gespannt lauschten, wendeten andere ihre Aufmerksamkeit lieber den beiden Eseldamen zu. «Diese tragen ein kleines Geheimnis mit sich herum», flüsterte Roman Birrer. Er war an diesem Abend für die Eseli zuständig, damit der Chlaus sich vollkommen den Kindern zuwenden konnte. Was aber Birrer mit dem Geheimnis meinte, ist, dass beide Eseldamen trächtig sind und im März Eselmutter werden.
Ein Abschied mit Wiedersehen
Nach der Geschichte nahm sich der Samichlaus noch Zeit für die Versli und Lieder, die ihm die Kinder mitgebracht hatten. Und dann hiess es bereits Abschied nehmen, denn der Samichlaus musste zurück in seine Hütte und die Kinder langsam nach Hause ins Bett. Aber der Samichlaus verabschiedete sich ja nur für einen kurzen Moment.
Von Haus zu Haus
Denn seit dem 4. Dezember und bis morgen besucht er nun jeden Abend rund 15 Familien zu Hause. Meistens sind die Kinder im Alter vor dem Kindergarteneintritt, doch auch grössere Kinder oder Erwachsene erhalten gerne seinen Besuch. «Das Alter spielt keine Rolle. Entscheidend ist die Atmosphäre», sagt der Samichlaus. Wichtig ist ihm, dass der Schmutzli keine Rute braucht, denn Angst soll niemand haben. Stattdessen steht das Gespräch im Mittelpunkt. Manchmal braucht es etwas Fingerspitzengefühl: ein Dinosaurierbuch in einer Ecke, ein spontanes Bilderbuch oder ein Wettrennen ums Haus. «Es sind kleine Details, die aus Unsicherheit Begeisterung machen», so der bärtige Mann, dem solche Begegnungen besonders in Erinnerung bleiben. Auf die Frage, was ihm die grösste Freude bereitet, muss er nicht lange überlegen: «Wenn ein Kind plötzlich auftaut und zu erzählen beginnt.»
Familiengottesdienst am Sonntag
Auch in der Kirche wird der Samichlaus noch präsent sein: Am 7. Dezember gestaltet er gemeinsam mit dem Pfarrer den Familiengottesdienst und erzählt erneut eine Geschichte. Danach verteilt er ein kleines Geschenk aus dem Sack. Erst dann zieht er sich offiziell wieder in den Wald zurück und verabschiedet sich bis zum nächsten Jahr.
Vorbereitung mit viel Freiwilligenarbeit
Hinter diesem liebevoll gepflegten Brauchtum steht die Kirchengemeinde, welche von einem kleinen, engagierten Team unterstützt wird. Ursprünglich wurde die Samichlaus-Zeit in Oberrüti vom Jugendverein organisiert. Als dieser sich jedoch auflöste, drohte das Brauchtum zu verschwinden. Glücklicherweise fand sich die Kirchgemeinde, die das Zepter übernahm und es seither weiterführt.
Denn organisatorisch fällt einiges an: der Versand der Flugblätter, die Planung der Route, die Koordination der Helfenden. Insgesamt arbeiten rund 15 Personen mit. Fünf stammen aus der Kirchengemeinde, weitere kümmern sich um die Anliegen des Samichlauses und seine Gaben. Die Säckli werden von der Kirchengemeinde bezahlt. «Wir sind aber sehr froh, wenn die Eltern am Ende eines Besuches einen Unkostenbeitrag zahlen», erklärt Monika Annen vom Pfarramt. Sind am Ende alle Kosten gedeckt und noch etwas übrig, wird dieser Batzen an eine wohltätige Institution gespendet. In diesem Jahr profitiert die Stiftung allani, ein Kinderhospiz in Bern.



