Der Blick zurück – wie sich Beinwil entwickelt hat
25.07.2025 BeinwilAnno 1950 zählte die Gemeinde noch 759 Einwohner, Ende 2024 waren es 1’320. Das ergibt in 75 Jahren ein Wachstum von rund 74 Prozent. Anders sieht es bei der Motorisierung aus. Hier liegt das Wachstum im selben Zeitraum bei über 7’800 Prozent.
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Anno 1950 zählte die Gemeinde noch 759 Einwohner, Ende 2024 waren es 1’320. Das ergibt in 75 Jahren ein Wachstum von rund 74 Prozent. Anders sieht es bei der Motorisierung aus. Hier liegt das Wachstum im selben Zeitraum bei über 7’800 Prozent.
IRIS CAGLIONI
Eindrücklich erzählt der 83-jährige Albert Kreyenbühl, wie die Gemeinde ihr Wachstum ankurbeln konnte. Dafür machte er sich 12 Jahre lang stark im Gemeinderat. «Ich wurde 1969 mit gerade mal 27 Jahren in den Gemeinderat gewählt. Das gab mir die Chance, an der Entwicklung der Gemeinde mitzuwirken.» Kreyenbühl war nicht nur der jüngste Gemeinderat, denn: «Die anderen vier Gemeinderäte hätten vom Jahrgang her mein Vater sein können,» er war auch parteilos. «Das Parteipolitische interessierte mich nicht, ich wollte etwas für das Dorf tun.» Der heute 83-Jährige hatte damals zwei grosse Ziele: eine Turnhalle und Bauland für Wohneigentum.
Das Land gehörte den Bauern
Zur Zeit der Alemannen war das, was heute Beinwil mit seinen vier Weilern Wallenschwil, Winterschwil, Brunnwil mit dem Horben und Wiggwil ist, einfach fünf kleine Dörfer. Die Gemeinde liegt am Ostabhang des Lindenbergs und hat eine Fläche von 1’131 Hektar, wovon heute rund 86 überbaut und etwas über 200 bewaldet sind. «Beinwil hat keine Bürgergemeinde und somit auch kein Bürgerland. Die Gemeinde konnte so auch kein Land veräussern oder Bauland zur Verfügung stellen. Wollte sich die Gemeinde vergrössern, war dies nur durch Landkauf von Landwirten möglich. Doch die Bauern wollten ihr Land lieber bewirtschaften.» Kreyenbühl weiss noch genau, wie er zusammen mit einem Amtskollegen zu jedem Landwirt im Dorf ging, um nach Land zu fragen. Die Gemeinde musste wachsen können, benötigte Platz für die Jungen, die keinen Wohnraum auf den elterlichen Höfen fanden. Die Einwohnerzahl schrumpfte 1980 auf 695 Personen.
Heute wären das Spottpreise
«Die Gemeinde konnte schliesslich einen Bauernhof mit rund 15 Hektar Land kaufen.» Es folgten langwierige Verhandlungen für den notwendigen Landabtausch. Das neue Quartier sollte im Brandgebiet entstehen. Kreyenbühl meinte, es seien gut 35 Bauplätze gewesen. «Das Land wurde voll erschlossen verkauft für einen Quadratmeterpreis zwischen 50 und 80 Franken.» 1994 wurde die Wohnbaugenossenschaft Beinwil gegründet, die ebenso zum gesunden Wachstum der Gemeinde beitrug. Heute sind in Beinwil 1’322 Personen wohnhaft.
Schulweg mit dem Velo
Nach den fünf Jahren Primarschulzeit im Dorf ging Kreyenbühl nach Muri an die Bezirksschule. Für den sieben Kilometer langen Schulweg brauchten die Schüler ihre Velos. Auch in jenem bitterkalten Winter 1956/57. «Das war bis zu -25° am frühen Morgen, als wir los mussten. Wir rannten, das Velo nebenher stossend, um etwas warm zu werden.» Damals war auch die Kleidung und das Schuhwerk noch nicht so wärmend wie heute. Es sei so bitterkalt gewesen, da hätten sich die Verantwortlichen nicht mehr getraut, die Kirchenglocken zu läuten aus Angst, diese könnten zerspringen.
Autos waren eine Rarität. Anno 1953, da war Kreyenbühl 11-jährig, waren in Beinwil 18 Autos gemeldet, 13 im Gewerbe und 5 bei Landwirten. Heute sind gemäss der Motorfahrzeugstatistik der Gemeinde insgesamt 1’427 Motorfahrzeuge gemeldet. Eine Steigerung von über 7’800 Prozent.
Leben mit und für die Landwirtschaft
Beinwil verfügte über das Gewerbe, das die Landwirte benötigten. Der alteingesessene Beueler schmunzelte und erzählte: «In den 60er-Jahren waren hier 63 Bauernbetriebe, alle betrieben Milchwirtschaft. Denn nur wer damals Kühe hatte, war ein richtiger Bauer. Unserer Familie sagten sie ‹s’Krämers›, denn meine Mutter führte den Volg. Weiter gab es im Gemeindegebiet drei Käsereien, eine war in Beinwil, eine in Brunnwil und eine in Winterschwil.» Andere Betriebe im Dorf waren ein Sattler, ein Wagner, eine Schmitte, ein Küfer, zwei Schreiner, zwei Bäckereien, die Metzgerei und der damals grössten Arbeitgeber der Region, der Traktorenhersteller Neuhaus. «Da gab es 45 Arbeitsplätze. Die fertigten Traktoren aus alten Autos an, später stellten sie auch Pneuwagen her.» Auch drei Poststellen gab es: in Beinwil, Winterschwil und Wallenschwil – ein Luxus verglichen mit heute.
Viele Vereinsanlässe ohne Turnhalle
Kreyenbühl war begeisterter Turner. Doch im Gemeindesaal konnten sie auf dem Barren keinen Handstand machen, die Decke war so tief. «Wir Turner hatten aber nicht nur mit der tiefen Decke Mühe, sondern auch mit dem Holzboden, der so manchen Splitter hinterliess.» Weitere Vereine waren die Musikgesellschaft, der Männerchor, der Mütterverein, die Schützengesellschaft und der Kirchenchor. Theaterabende der Vereine wurden in den grossen Sälen der beiden Dorfrestaurants durchgeführt. Als Gemeinderat setzte sich Kreyenbühl für eine Turnhalle ein. Mitte der 70er-Jahre wurde sie gebaut und sie ist noch immer in Betrieb.
Von den heute aktiven Vereinen im Dorf ist der Turnverein der mit Abstand mitgliederstärkste Verein.