Nachwuchsmangel macht Musikgesellschaft Sorgen
04.04.2025 Abtwil, OberrütiUm den schwindenden Nachwuchs für die Musik zu begeistern, hat die Musikgesellschaft Abtwil ein besonderes Projekt ins Leben gerufen. Im Rahmen der «Brass Games» konnten Kinder Instrumente ausprobieren und ihr Können bei einem Konzert zeigen.
RAHEL ...
Um den schwindenden Nachwuchs für die Musik zu begeistern, hat die Musikgesellschaft Abtwil ein besonderes Projekt ins Leben gerufen. Im Rahmen der «Brass Games» konnten Kinder Instrumente ausprobieren und ihr Können bei einem Konzert zeigen.
RAHEL HEGGLIN
Dazu wurden spezielle Instrumente, so genannte «Bügel» angeschafft, die leicht zu handhaben sind. «Wir haben sie den Kindern für einige Wochen zur Verfügung gestellt, damit sie zu Hause üben und ausprobieren konnten», berichtet Othmar Balmer, Mitglied der MG Abtwil. Bezahlt wurden die Instrumente aus der Vereinskasse. Die Idee war, dass die Schülerinnen und Schüler so für die Blasmusik begeistert werden und ihr Können im Rahmen der Brass Games vortrugen. «So schnuppern sie Auftritt-Lust und bekommen hoffentlich Freude, ein Blasinstrument zu lernen.»
Brass Games als Hoffnungsschimmer
Die Brass Games werden seit mehreren Jahren, alle zwei Jahre, durchgeführt. Am Samstagnachmittag war es wieder so weit. Dabei konnten die Kinder verschiedene Instrumente ausprobieren, an musikalischen Spielen teilnehmen und Punkte sammeln. Am Schluss des Nachmittags gab es eine Rangverkündigung und Preise zu gewinnen.
Neu gab es in diesem Jahr das Konzert, bei dem die Schülerinnen und Schüler der 3. und 4. Klasse, die noch nicht in der Musikschule sind, ihr Können auf den besagten Bügeln zeigten. Die Zusammenarbeit mit der lokalen Schule war dabei eine grosse Hilfe. «Die Schulleitung war sehr offen für das Projekt und hat uns stark unterstützt», erzählte Balmer.
Ein schwindender Trend
Damit die Musikgesellschaft nicht für immer verstummt, müsste der Nachwuchs in den Startlöchern sein und später in den Verein eintreten. Seit rund zwanzig Jahren geht die Zahl der Bläserinnen und Bläser nämlich in der MG zurück. «Früher hatten wir noch regelmässig junge Neumitglieder, aber heute kommt fast niemand mehr nach», so Balmer. Seine Aussage wird auch dadurch bestätigt, dass das Projekt «ABM» vor einigen Jahren eingestellt werden musste. «Das war ein Herbstlager für jugendliche Musiker aus verschiedenen Gemeinden, darunter Abtwil, Auw, Beinwil, Bünzen und Mühlau. Vor rund fünfzehn Jahren nahmen fünfzig bis sechzig Kinder daran teil, später aber leider immer weniger.»
Ein finanzieller Anreiz für die Musikschule
Um den Eintritt in die Musikschule attraktiver zu gestalten, unterstützt die MG Abtwil jedes Kind, das sich anmeldet, mit einem Zuschuss von 100 Franken. Dem Verein beitreten kann man nach der Oberstufe. Dass dies schon lange niemand mehr gemacht hat, zeigt sich am jüngsten Mitglieder bei der MG Abtwil, welches Balmer auf 30 Jahre schätzt. «Wir müssen uns als Verein noch aktiver um neue Mitglieder bemühen und nicht nur auf die Musikschule setzen», betont er. Deshalb hat man neben dem Konzert an den Brass Games noch eine weitere Quelle angezapft. Nämlich ehemalige Mitglieder der MG, die immer noch am Musizieren sind. «Von den rund 30 Angeschriebenen haben sich sechs gemeldet. Diese werden mit uns an einem Konzert am 2. Juli auf dem Horben auftreten.»
Anderes Bild in der Musikschule
Anders als die Musikgesellschaft erfreut sich die Musikschule Region Sins an stetigem Zuwachs von Schülerinnen und Schülern. Musikschulleiter Thomas Leu sieht aber auch den Trend, dass sich wenig Kinder für ein Blechblasinstrument anmelden, was für eine spätere Teilnahme in einer Musikgesellschaft optimal wäre. «Die leicht steigende Schülerzahl rührt daher, dass sich die Kinder für andere Instrumente entscheiden. Ein Grund könnte sein, dass immer weniger Eltern in einer Musikgesellschaft mitwirken und folglich diese Kultur auch nicht mehr vorleben. Vor Jahren war es so, dass viele Eltern im Verein waren. Da war es fast logisch, dass ihre Kinder früh damit in Berührung kamen und später auch eintreten wollten.»
Freiwilligenarbeit und andere Interessen
Zudem sieht er allgemeine Gründe, die es Vereinen heutzutage schwer machen, das eigene Fortbestehen zu sichern. «Es braucht viel Engagement, Freiwilligenarbeit und Energie. Wer möchte diese noch aufbringen im stressigen Alltag? Aber wir sind immer noch Menschen und brauchen die Gemeinschaft mit anderen Menschen für unser Wohlbefinden.»
Ein weiterer Grund des schwindenden Nachwuchses liegt wohl auch in der Tatsache, dass viele Jugendliche ab der zweiten Oberstufe mit dem Instrumentalunterricht aufhören. Berufslehre, Freundschaften und andere Hobbys verschieben die Prioritäten. Also genau dann, wenn sie häufig ein ausreichendes Niveau auf dem Instrument hätten, um einer Musikgesellschaft beizutreten.
Nachwuchs glänzt am Frühlingskonzert
Wenn die Musikschule Region Sins zu ihren Konzerten einlädt, sind grosse Gefühle vorprogrammiert. So auch am Mittwoch vergangener Woche, als über fünfzig Kinder und Jugendliche ihr Können auf der Bühne präsentierten.
EVELYNE HEEB
Mit tropfenden Regenschirmen und nassen Jacken trudelte das gespannte Publikum um kurz vor halb 7 Uhr in der Mehrzweckhalle ein. Das Wetter wollte nicht so recht zum Anlass passen. Frühlingsgefühle kamen dennoch auf. Und wie. Das Programm versprach eine kunterbunte Reise durch den Lenz mit musikalischen Interpretationen von klassischen Stücken genauso wie von modernen Kompositionen.
Mut, Können und Leidenschaft
Den stimmungsvollen Auftakt gestalteten 18 Mädchen des Kinderchors, die mit Begeisterung zwei Mundartlieder vortrugen. Was folgte, war ein Abend voller kleiner Glanzmomente. Über eine Stunde lang gaben Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 7 und 15 Jahren ihre minutiös einstudierten Stücke zum Besten und beeindruckten mit Können und Leidenschaft. Ob am Xylophon oder Klavier, mit einem Streich- oder Blasinstrument, solo oder im Ensemble – die Auftritte berührten.
Gänsehautmomente
Da waren die jüngsten Teilnehmenden, die noch etwas schüchtern, aber voller Stolz die Bühne betraten. Oder die Auftritte von Matteo und Mischa, die mit selbstbewussten, rockigen Stücken am Keyboard die Zuhörenden zum Mitsummen anregten. Da war das zauberhafte Zusammenspiel von Juna und Isabella, die Geige und Cello wundervoll in Einklang brachten. Genauso wie es Yara und Julia mit Querflöte und Klavier taten. «Set Fire To The Rain» von Adele – ein Ohrenschmaus.
Für grosse Gefühle sorgten Jessica und Sara, zwei Schülerinnen der 3. Oberstufe. Für beide war es das letzte Konzert im Rahmen der Musikschule, da ihre obligatorische Schulzeit im Sommer endet. Jessica vereinte Gesang und Klavier und verzauberte das Publikum mit ihrer Version von Zoe Wess’ Hit «Control». Gänsehaut pur. Auch Sara setzte sich ans Klavier und begeisterte mit «Drowning Love» von Chasing Kou. Eine Augenweide, mit welcher Geschwindigkeit ihre Finger über die Klaviertastatur tanzten. «Bleibt bitte dran an eurer Musik, sie ist schlicht wundervoll», bat Musikschulleiter Thomas Leu die beiden.
Randgeschichten
Der Abend lebte jedoch nicht nur von musikalischen Höhepunkten, sondern auch von kleinen Geschichten, die am Rande des Konzerts geschrieben wurden. Da war die sechsjährige Alexa, die sich so auf den Auftritt mit dem Chor gefreut hatte, aber aufgrund von Bauchkrämpfen wieder von der Bühne musste. Oder von Fabrice, der «Talking To The Moon» von seinem Idol Bruno Mars singen und sich selbst am Klavier begleiten wollte. Doch wegen einer Erkältung streikte seine Stimme. Um den Auftritt nicht ganz absagen zu müssen, übernahm seine Schwester Dana kurzerhand den Gesangspart.
Weitere Konzerte folgen
Zum krönenden Abschluss wurde es nochmals richtig laut in der Halle. Elf Kinder liessen gemeinsam ihre Blechblasinstrumente erklingen, und das Publikum bedankte sich mit einem langanhaltenden Applaus. «Unsere Konzerte erzeugen ein Gemeinschaftserlebnis, das alle Beteiligten verbindet und Erinnerungen schafft», so der sichtlich zufriedene Musikschulleiter. Im Mai folgen zwei weitere Frühlingskonzerte – eines in Dietwil und eines Auw.