Grosses Entsetzen wegen Schliessung
07.03.2025 Muri, RegionDie Bestürzung über die angekündigte Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri ist gross. Nun setzen sich Gemeinden und die Politik ein, um Lösungen zu finden.
RAHEL HEGGLIN
Den Lead hat die Gemeinde Muri übernommen. In einer ...
Die Bestürzung über die angekündigte Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri ist gross. Nun setzen sich Gemeinden und die Politik ein, um Lösungen zu finden.
RAHEL HEGGLIN
Den Lead hat die Gemeinde Muri übernommen. In einer Mitteilung heisst es: «Der Austausch mit dem Spital Muri, den kantonalen Gesundheitsbehörden und weiteren relevanten Akteuren ist entscheidend, um die Situation besser zu verstehen, die langfristigen Folgen für die Region zu erkennen und mögliche Lösungsansätze zu diskutieren.» Im Zentrum steht eine Reform im Gesundheitswesen. Spitäler sollen wirtschaftlich tragfähig bleiben, ohne dass essenzielle Leistungen gestrichen werden. Der Grund für die Schliessung der Geburtenabteilung per Ende Jahr ist die defizitäre Entwicklung in der Geburtshilfe. Mit der Schliessung will man langfristig finanzielle Stabilität gewinnen und sich auf eine starke Grundversorgung in der Region konzentrieren. Gehört da eine Geburtenabteilung nicht dazu?
Geburt gehört nicht zur Grundversorgung
Nein, sagt die Stiftungsratspräsidentin Sabina Rüttimann: «Eine eingehende juristische Abklärung hat ergeben, dass wohl die medizinische Betreuung im Rahmen einer Schwangerschaft zur Grundversorgung gehört, nicht aber die Geburt selbst. Die ambulante Betreuung von Schwangeren inklusive Vorsorgeuntersuchungen wird weiterhin angeboten.» Im Spital Muri kommen jährlich um die 500 Kinder zur Welt. Rund ein Drittel davon per Kaiserschnitt. Auch bei diesen resultieren Verluste aufgrund nicht kostendeckender Tarife und mangelnder Auslastung. «Die Anzahl jährlicher Geburten reicht bei Weitem nicht, um kostendeckend zu arbeiten. Einerseits ist die Geburtshilfe sehr personalintensiv und andererseits mit hohen, unbezahlten Vorhalteleistungen verbunden. Die Tarife sind nicht kostendeckend», erklärt die Stiftungsratspräsidentin.
Geburtenrate ist rückläufig
Mit grossem Bedauern hat auch die Mühlauerin Kathrin Burri die Schliessung der Geburtenabteilung Muri zur Kenntnis genommen. Sie ist Doula und begleitet werdende Eltern durch den ganzen Geburtsprozess bis ins Wochenbett: «Erst vor Kurzen hat auch die Hirslanden AndreasKlinik in Cham angekündigt, dass sie die Geburtenabteilung per Mitte Jahr schliesst.
Für die Oberfreiämterinnen sind beide Standorte von grosser Bedeutung, da sie schnell erreichbar sind und mit ihrer Art der Betreuung sehr auf die Bedürfnisse der Gebärenden eingehen können.» Zudem stellt sie sich die Frage, ob dann die umliegenden Spitäler ihre Geburtenabteilung wiederum vergrössern, um die beiden Schliessungen abzufangen und mit genügend Fachpersonen die Gebärenden zu betreuen. Davon geht Rüttimann nicht aus: «Da die Geburtenrate allgemein rückläufig ist, kann man davon ausgehen, dass sowohl das Kantonsspital Baden (KSB) wie auch das Kantonsspital Aarau (KSA) oder andere Zentrumsspitäler über genügend Kapazitäten verfügen, um ab 2026 den Wegfall unserer Geburtenabteilung zu kompensieren.»
Wenige Hausgeburten im Oberfreiamt
Die Stiftungsratspräsidentin betont, dass der Entscheid der Schliessung alles andere als leichtsinnig getroffen wurde: «Dieser wurde nach langem und intensivem Abwägen entschieden. Es ist ein Vernunftentscheid. Wir erachten es als zumutbar, dass Schwangere für die Geburt in ein anderes Spital ausweichen. Eine Unterversorgung besteht nicht.» Zudem sehe das Spital Muri, dass Gebärende immer öfter entweder ein Zentrumsspital mit Neonatologie wählen, sich für ein Geburtshaus oder für eine Hausgeburt entscheiden. Der Trend der Hausgeburt ist jedoch im Oberfreiamt noch nicht angekommen. In den letzten fünf Jahren gab es in den sieben Oberfreiämter Gemeinden insgesamt sieben Hausgeburten. Geburtshäuser würde es für die Oberfreiämter in der Nähe ein paar geben. Sie liegen in Oberkirch, Luzern, der Stadt Zürich oder Aarau. «Der Grossteil der Gebärenden jedoch legt nach wie vor Wert auf eine Betreuung in einem Spital, welches gut erreichbar ist und einen guten Ruf pflegt», so die Doula Burri. Zudem gäbe es Frauen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in einem Geburtshaus oder zu Hause gebären dürfen, sich dies jedoch sehr wünschen würden. «Ein kleineres Spital mit nachhaltiger Geburtshilfe und engmaschiger Betreuung ist für sie deshalb die einzige vorstellbare Alternative, die nun für die Oberfreiämterinnen in greifbarer Nähe wegfällt», erklärt Burri.
Politik will Antworten und Lösungen
Die fünf Grossräte der Mitte-Partei der Bezirke Muri und Bremgarten haben gleich zwei Vorstösse dazu eingereicht: Eine Interpellation fordert Antworten vom Regierungsrat, ob er unter anderem vom Strategiewechsel des Spital Muri informiert war. Falls ja und er nicht dagegen interveniert hatte, ob es da keinen Interessenskonflikt gegenüber dem Kanton als Eigner des KSA und KSB gibt. Schliesslich werden beide von der Schliessung der Geburtenabteilung in Muri profitieren. Eine Motion fordert zudem eine Gesetzesanpassung, damit Regionalspitäler ihr defizitäres Geschäft zukünftig durch den Kanton abgegolten bekommen.
Mögliche personelle Folgen
Für die Gemeinde Muri hat die Schliessung der Geburtenabteilung noch weitere Konsequenzen, wie es in der Mitteilung heisst: Das Regionale Zivilstandsamt Muri, das für die Beurkundung von Geburten im Spital Muri zuständig ist, wird mit deutlich weniger Geburtsmeldungen konfrontiert sein. Dies könnte langfristig Auswirkungen auf die Struktur und den Arbeitsaufwand der Abteilung haben.
Für das Spital Muri stehen die konkreten Auswirkungen auf den Personalbestand zum heutigen Zeitpunkt noch nicht fest. Aktuell wird davon ausgegangen, dass ein Grossteil der betroffenen Mitarbeitenden weiterbeschäftigt werden kann.