Er will doch nur sein Haus verkaufen
21.02.2025 Abtwil
Mitte Oktober fand die erste Versteigerung eines Mehrfamilienhauses statt. Die Veranstaltung endete ohne Gebot und mit einem bizarren Nachgeschmack. Nun musste auch der zweite Steigerungstermin aufgrund einer Beschwerde abgesagt werden.
RAHEL HEGGLIN
Eigentlich ...
Mitte Oktober fand die erste Versteigerung eines Mehrfamilienhauses statt. Die Veranstaltung endete ohne Gebot und mit einem bizarren Nachgeschmack. Nun musste auch der zweite Steigerungstermin aufgrund einer Beschwerde abgesagt werden.
RAHEL HEGGLIN
Eigentlich hätte vor einer Woche die zweite Zwangsversteigerung des Mehrfamilienhauses, welches an der Leebernstrasse 29 steht, über die Bühne gehen sollen. Aber weil eine potenzielle Käuferin bemängelt, dass die Liegenschaft ohne Mobiliar versteigert wird, findet dieser Termin nicht statt. Denn die Frau hat Beschwerde gegen die Steigerungsbedingungen eingereicht. Das hat zur Ursache, dass das Betreibungsamt den Termin vom 14. Februar absagen musste.
Somit muss das Bezirksgericht entscheiden, ob die Steigerungsbedingungen angepasst und neu aufgelegt werden müssen oder ob die Bedingungen rechtskräftig sind. «Wenn wir vom Gericht gestützt werden, kann nach Rechtskraft dieses Entscheides ein neuer Versteigerungstermin angesetzt werden», sagt Sandrina Keller, Leiterin Betreibungsamt Sins und Umgebung.
Frustrierend, dass es auch beim zweiten Mal nicht geklappt hat, ist es vor allem für den Verkäufer und Hauseigentümer Domenico Tocci. Denn die Schuldzinsen belaufen sich mittlerweile auf über 160’000 Franken – und werden mit jedem Monat mehr.
Im Nachhinein weiss man es besser
Dass Beschwerde gegen die aktuellen Bedingungen gemacht werden konnte, liegt in einer Handlung, die Tocci selbst vorgenommen hatte. Denn die beiden vermieteten Wohnungen im Mehrfamilienhaus verfügen über Mobiliar, das ihm gehört. «Anstatt dass ich einen Mietvertrag und einen Mobiliarvertrag gemacht habe, habe ich mit den Mietern nur einen Mietvertrag gemacht, womit das Mobiliar integriert ist. Die inhaltliche Kontrolle der Mietverträge liegt aber nicht in meiner Verantwortung. Dafür waren die Behörden verantwortlich. Ich habe darauf vertraut, dass alle erforderlichen Prüfungen korrekt durchgeführt wurden.» Nun hat aber die Beschwerdeführerin gemäss Tocci Bedenken, dass ihr dann das Haus gehört, aber ihm immer noch die Möbel.
Tocci ist mittlerweile nur noch genervt ab diesem Verkaufsgeschäft. «Auch wenn das Haus bei einer dritten Versteigerung für über 1,6 Millionen verkauft wird, habe ich immer noch weniger als wenn ich es vor zwei Jahren für 1,35 Millionen Franken verkauft hätte.» Um dies zu verstehen, muss die Geschichte etwas aufgerollt werden.
Der Beginn einer Misere
Das Haus hatte Tocci im Jahr 2019 gekauft. Im August 2023 wollte er es wieder verkaufen und fand auch einen Käufer. «Abgemacht waren 1,35 Millionen Franken, was einem marktgerechten Preis entsprach. Auch von der Bank war das Einverständnis da», so Tocci. Doch es existierte noch ein dritter Geldgeber, und dieser war mit dem vereinbarten Verkaufspreis nicht einverstanden. «Er war der Meinung, dass dieser Preis zu tief ist, da ein Schätzungspreis von 1,59 Millionen Franken vorlag. Deshalb forderte er eine Versteigerung.»
Die Misere hatte damit aber bereits ihren Lauf genommen. Denn Tocci hatte aufgrund des Kaufzugeständnisses seines Interessenten die Festhypothek aufgelöst. Da das Haus nun nicht verkauft werden konnte, wollte Tocci eine neue Hypothek darauf aufnehmen. «Weil ich aber Betreibungen hatte, konnte ich keine neue abschliessen.» Die Schuldzinsen auf der nicht bezahlten Hypothek laufen seither Monat für Monat.
Unglaubliche Aufforderung
Im Oktober 2024 stand nun der erste Steigerungstermin an. Das Mindestangebot wurde auf 1,68 Millionen Franken gelegt. Von den 19 anwesenden Interessenten hatten drei eine Nummer zum Mitbieten abgeholt. Was dann passierte, das hatte auch die erfahrene Betreibungsleiterin noch nie erlebt: «Wir mussten die Steigerungsbedingungen und das Lastenverzeichnis vorlesen. Das sind zehn A4-Seiten Kleingedrucktes», so Keller. Abwechselnd mit ihren Kolleginnen las sie Paragrafen und Vorschriften, verfasst im besten Juristendeutsch, vor. Rückblickend sagt sie: «Ich glaube, alle Anwesenden im Saal hatten schon spannendere vierzig Minuten erlebt.» Zur grossen Enttäuschung von allen wurde trotz dieses Aufwands, kein einziges Gebot für das Mehrfamilienhaus abgegeben. «Für mein Team und mich war dies sehr frustrierend. Es steckt immer viel Arbeit hinter einer Versteigerung.
Aufgrund des hohen Mindestangebotes gingen wir schon davon aus, dass kein Angebot erfolgen würde. Aber dass wir dann noch vorlesen müssen, damit haben wir nicht gerechnet», erklärt Keller.
Alles angerichtet für Verkauf
Auch für den Eigentümer Tocci war dies ein schwarzer Tag, da seine Schuldzinsen so immer noch weiterlaufen. «Aber ich verstehe, dass aufgrund des Schätzwertes von 1,59 Millionen und dem Mindestangebot von 1,68 Millionen Franken niemand bot. Das ist kein gutes Geschäft», sagt er. Wer das Vorlesen des Kleingedruckten verlangte, weiss er nicht.
Die Bank, die immer noch auf ihr Geld wartet, machte Druck und verlangte einen zweiten Steigerungstermin. Dafür mussten die Steigerungsbedingungen aktualisiert und die weiterlaufenden Zinsen bis zum neuen Steigerungstag ins Lastenverzeichnis aufgenommen werden. Da beim zweiten Termin der Grundpfandgläubiger im ersten Rang die Verwertung der Liegenschaft verlangte, konnte das Mindestangebot dieses Mal tiefer angesetzt werden. «Wir hätten mit einem Mindestangebot von 10’000 Franken starten können. Damit haben wir mit einem sicheren Zuschlag bei dieser Versteigerung gerechnet», so Keller.
Dass aber gegen die Steigerungsbedingungen Beschwerde eingeht, damit hatte niemand gerechnet. Ob es nun beim dritten Anlauf klappen wird, ist abzuwarten. Für Tocci wäre es das Ende eines langen, nicht enden wollenden Alptraums.